Ein Marathon im Zungenküssen und die Magie des Augenblicks
Kritik. Jan Fabre eröffnete mit „I am a Mistake“im Wiener Leopold Museum das Festival ImPulsTanz.
Jan Fabre setzt sich zur Eröffnung des ImPulsTanz Festivals Eselsohren auf und bekennt „I am a Mistake“. Das Publikum drängt sich zunächst im Foyer des Leopold Museums, das dem belgischen Künstler bis Ende August eine Ausstellung über sein theatrales Schaffen widmet. Überraschung Nummer eins: Die neue Performance Fabres findet zwar auf mehreren Etagen statt, nicht aber in Fabres Räumen.
Überraschung Nummer zwei: Fabre lässt das Publikum physisch nahe an sich heran, es kommt zu Berührungen, aber auch zur Situation, dass ihn nur die sehen können, die nahe an ihm dran sind. Das Kamerateam, das ihn begleitet, muss sich seinen Weg durch das Publikum bahnen, doch die Mühen lohnen sich.
Es ist nicht so sehr die Tatsache, dass jeder Moment der Performance auf Screens im Museum dadurch live für alle zu verfolgen ist. Betreffend den Unterschieden zwischen dem, was filmisch zu sehen ist, und dem Ein- druck, der sich ohne Kamera vermittelt, findet fast eine Lehrstunde über Film und Theater statt.
Eselsohren
Überraschung Nummer drei: Die zentrale Rolle der Persönlichkeit des Künstlers im perfekt sitzenden Anzug, die Wirksamkeit des einzigen Requisits. Die Eselsohren erinnern daran, dass sich Fabre nahezu immer auf die Tradition bezieht, vor allem auf die flämische Malschule, aber auch auf die Antike.
Die Eselsohren unterstreichen den autobiografischen Charakter der Performance, in der sich Fabre zunächst vor allem an eine Wand stellt, in einem Eck kniet oder mit ausgebreiteten Armen auf dem Boden liegt, eine Pose, die an den Kuss der Erde durch Päpste auf Reisen erinnert. Fabre als „one man movement“übt eine so große Anziehungskraft aus, dass ein beträchtlicher Teil des Publikums ihm auch folgt, wenner sich versehentlich in die falsche Richtung begibt: „Etwas Besseres als den Tod findet man überall“, sagt der Esel aus den Bremer Stadtmusikanten.
Überraschung Nummer vier: Fabres Annäherung an Gustav Klimt. Eine nicht nur durch die zeitliche Ausdehnung verstörende Kuss-Szene, in der die Frau im Dirndl eine passive Rolle einnimmt.