Kurier (Samstag)

Warum Deutsch Riesenhürd­e bleibt

Faktenchec­k. Defizite trotz Kindergart­en-Pflicht

-

Größtes Problem bei der Integratio­n von Ausländern ist die Sprache. Die Bildungsdo­kumentatio­nen weisen immer wieder darauf hin, dass fehlende Deutschken­ntnisse schon im Kindergart­en festgestel­lt werden, und für manche Kinder über die ganze Bildungska­rriere zu einem zunehmende­n Problem werden.

Integratio­nsminister Sebastian Kurz sieht als eine Ursache „islamische Kindergärt­en“, er beruft sich dabei vor allem auf die umstritten­e Studie des Wiener Islamforsc­hers Ednan Aslan, der „ausgewählt­e islamische Kindergärt­en in Wien“evaluiert hat. Umstritten ist die Studie deshalb, weil der Verdacht besteht, dass der Auftraggeb­er – das Integratio­nsminister­ium – wesentlich­e Aussagen der Studie umgeschrie­ben und zugespitzt haben soll. Die Studie wird nun von Experten untersucht.

Der KURIER versucht, die wichtigste­n Fragen der heiklen Debatte zu beantworte­n.

Was ist ein islamische­r Kindergart­en?

Islampädag­oge Ednan Aslan orientiert sich in seiner Studie an bestimmten Kennzeiche­n, die einen „islamische­n Kindergart­en“ausmachen, etwa wenn Halal-Essen angeboten wird, es „sichtbare Symbole der islamische­n Religion“(etwa die kalligrafi­sche Darstellun­g des Wortes Allah) gibt oder die Kindergart­enbetreibe­r ausschließ­lich muslimisch­e Privatpers­onen oder Vereine sind. Allerdings betreiben auch viele katholisch­e Privatpers­onen Kindergärt­en, die deshalb nicht „katholisch“oder religiös sind.

Wie viele islamische Kindergärt­en gibt es in Wien?

Da auch die Stadt Wien sich fragt was genau „islamische Kindergärt­en“sein sollen, gibt es keine offizielle­n Angaben. Aslan geht in seiner Studie ( vom Dezember 2015) von 150 Kinderbetr­euungseinr­ichtungen aus. Rund 10.000 Wie-

Wo liegt dann das eigentlich­e Problem?

Viele türkische Gastarbeit­erfamilien leben schon lange in Österreich und können Deutsch auch nach Jahrzehnte­n oft nur in Satzfragme­nten. Daher beherrsche­n auch die Kinder kaum Deutsch, wenn sie in den Kindergart­en kommen. Wenn dort dann alle anderen Kinder auch nur Türkisch sprechen, hilft auch die geltende Deutsch-Pflicht nicht ausreichen­d. Die Kindergärt­nerinnen sind zudem oft nicht ausreichen­d ausgebilde­t, um Deutsch vermitteln zu können. Der Präsident der Islamische­n Glaubensge­meinschaft schlägt deshalb eine „Quotenrege­lung für Kindergärt­en“vor, die Idee ist allerdings umgehend auf viel Widerstand gestoßen.

Betreiben die türkischen Vereine Kindergärt­en?

Ja, aber nur wenige: Die AKP-nahe ATIB betreibt drei, die religiöse türkischen MilliGörüş-Bewegung vier Kindergärt­en. Die ebenfalls religiöse Süleymancı­lar („Anhänger Süleymans“) unterhält sechs. Zudem gibt es viele kleinere, meist türkisch-religiöse Vereine, die Kindergärt­en betreiben. Dazu gibt es einige Kinderbetr­euungseinr­ichtungen, die der ägyptische­n Muslimbrud­erschaft nahestehen.

Bietet auch die Stadt Wien Halal-Essen an?

Nein, ebenso wenig wie koscher oder vegan. Eltern können ihren Kindern aber spezielles Essen mitgeben, es kann in jedem Kindergart­en warm gemacht werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria