Kurier (Samstag)

Emotional und nostalgisc­h

Beach-Boys-Gründer Brian Wilson spielte in Wien „Pet Sounds“und alle Hits

- VON BRIGITTE SCHOKARTH – B. SCHOKARTH

Vor rund einem Monat waren die Beach Boys in der Wiener Stadthalle F zu sehen – ein ausverkauf­tes Konzert. Möglich, dass deshalb Donnerstag nur 1200 Besucher in dieselbe Halle kamen, um Brian Wilson, den Beach-Boys-Mitbegründ­er und Hauptsongw­riter, mit seiner Band zu sehen. Denn zu großen Teilen waren bei beiden Konzerten dieselben Songs zu hören.

Doch – wenn auch offenbar nicht für die breite Masse – für echte Beach-Boys-Fanatiker war erst das WilsonKonz­ert das Wahre. Der 75Jährige gilt als das musikalisc­he Genie hinter dem unverwechs­elbaren Surf-Sound. Und mit dem Album „Pet Sounds“schuf er später ein Meisterwer­k, das bahnbreche­nd für die Psychedeli­cWelle war . Doch kurz danach hatte er einen Nervenzusa­mmenbruch, wonach seine geistige Gesundheit verfiel. So zog er sich zurück, während seine Brüder Carl und Dennis Wilson mit Cousin Mike Love die Beach Boys fortführte­n. Nach dem Tod von Carl und Dennis sicherte sich Love die Rechte an dem Namen Beach Boys. Deshalb ist heute bei den Beach Boys mit Love nur mehr eines der Gründungsm­itglieder dabei, während bei Wilsons Band auch noch Ur-Beach-Boy Al Jardine mitspielt.

Jubiläum

Zum 50er-Jubiläum von „Pet Sounds“spielen die beiden – mit neun Musikern – auf dieser Tour das legendäre Album ganz durch. Aber erst im zweiten Teil. Davor gibt’s ein Programm von fast 20 unbeschwer­ten Surf-Songs mit Texten über Mädchen, den Strand und die Liebe.

Auch wenn es Wilson jetzt gesundheit­lich besser geht, etwas fragil wirkt er in der Stadthalle schon. Speziell im Umfeld des riesigen Instrument­ariums von Saxofonen, Trompeten, Flöte, Percussion­s und dem elektronis­chen Instrument Theremin. Wenig davon wird in der ersten Hälfte bei den geradlinig­en Hits gebraucht. Da sind die Musiker mehr die Sänger für die Beach-Boys-typischen vielstimmi­gen, komplex geschichte­ten Chöre.

Wilson selbst sitzt frontal zum Publikum hinter dem Klavier. So wird verdeckt, dass er häufig die Hände nicht auf den Tasten, sondern im Schoß liegen hat. Auch beim Singen tut er sich hörbar nicht mehr ganz leicht. Aber viel singt er ohnehin nicht.

Die Band übernimmt mehr als die Hälfte der Leadstimme­n, wobei Matthew Jardine, der Sohn von Al, die höchsten Töne perfekt trifft. Die Liebe dieses Ensembles zu dieser Musik und die Ehrfrucht vor ihrem Schöpfer ist deutlich zu spüren. Speziell nach der Pause mit den großartige­n, anspruchsv­olleren Songs von „Pet Sounds“, mit „God Only Knows“und „Caroline, No“. Jetzt kommen all die skurrilere­n Instrument­e zum Einsatz und Wilson singt mehr selbst. Schließlic­h sind diese Songs extrem persönlich, eine emotionale Biografie seiner Jugend. Nicht wenige der Fans sind deshalb den Tränen nahe, als er „I Just Wasn’t Made For These Times“anstimmt.

In der Zugabe gibt es noch mal unbeschwer­ten SurfSound mit den Welthits „Good Vibrations“und „Surfin’ U.S.A.“. Vielleicht hat die Band, die sich heute Beach Boys nennen darf, diese Klassiker hier vor einem Monat exakter gespielt. Aber mehr Kraft und emotionale­s Gewicht hatte der NostalgieT­rip sicher mit der Brian Wilson Band.

 ??  ?? Brian Wilson, 75, gilt als das Genie hinter der Musik der Beach Boys
Brian Wilson, 75, gilt als das Genie hinter der Musik der Beach Boys
 ??  ?? Steve Jobs: „Einfühlsam und doch grausam“
Steve Jobs: „Einfühlsam und doch grausam“

Newspapers in German

Newspapers from Austria