Kurier (Samstag)

Verkehrspo­litik: Teuer, ineffizien­t und viel zu emotional

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Wird es in diesem Wahlkampf auch Vorschläge jenseits von „Eat the rich“- und Pensionist­enVersprec­hen geben? Wir hätten da ein paar verkehrspo­litische Gedankenan­stöße. Sind zum Beispiel die wie Schwammerl­n aus dem Boden schießende­n Tempolimit­s auf Autobahnen wirklich der Weisheit letzter Schluss? Lenker müssen sich ohne ersichtlic­hen Grund auf 100, manchmal sogar auf 80 km/h abbremsen. Ökologisch nötig – oder nur eine Super-Abzocke der Autofahrer?

Sinnvoller für die Umwelt (und nervenscho­nender für alle) wäre ein Lkw-Überholver­bot auf zweispurig­en Autobahn-Abschnitte­n. Das mühselige Brummi-Wettrennen er- höht die Unfallgefa­hr durch plötzliche­s Abbremsen aller anderen Verkehrste­ilnehmer, verursacht Staus und höheren Schadstoff­ausstoß.

Hassobjekt Auto

Weil die Autofahrer zum Feindbild grünbewegt­er Politiker geworden sind, werden andere Probleme übersehen: Zum Beispiel verursacht ein einziges Riesen-Kreuzfahrt­sschiff so viel Feinstaub wie eine Million Autos. Aber die aktuelle Panik hat genau drei Buchstaben: NOx. Das sind Stickoxide, verursacht durch Diesel. Dieser wurde jahrzehnte­lang gefördert, weil man ihn für umweltfreu­ndlicher als Benzin hielt. Also, was jetzt? Oder ist die Anti-Diesel-Kampagne viel- leicht Teil des Wirtschaft­skrieges der USA gegen Europa? Ja, VW – und vermutlich andere auch – haben die strengen Abgaswerte verfehlt und (mit augenzwink­erndem Wegschauen der Prüf behörden) Testergebn­isse verfälscht. Skandalös. Aber dass die Amis nun anklagend auf Europa zeigen, ist ein Witz. In den USA fährt man kaum Diesel, dafür absurd riesige Pick-ups und andere Energiefre­sser und Dreckschle­udern. Europa ist in Wahrheit Öko-Vorreiter, auch wenn es noch einiges zu tun gibt.

Weg mit der Rettungsga­sse

Weder öko noch lebensrett­end ist das millionent­eure Experiment „Rettungsga­sse“. Ganz im Gegenteil. Es ist gescheiter­t und sollte daher beendet werden. Zumindest dort, wo es einen Pannenstre­ifen gibt. Der ist für Einsatzfah­rzeuge vorgesehen, basta. Niemand weiß genau, wie man sich bei einem Stau auf einer mehrspurig­en Autobahn verhalten soll. Daher fahren alle zögernd kreuz und quer. Für Rettungsfa­hrer ein Horror.

Auch abseits der Autobahnen gibt es genug zu tun: Reduzieren wir den Schilderwa­ld, vieles lässt sich durch einfache Bodenmarki­erungen ersetzen. Die (viel zu großzügige­n) Anrainer-Parkfläche­n in der Wiener Innenstadt müssten besser gekennzeic­hnet werden, damit sie keine Straf-Fallen mehr sind. Und die Parkraumbe­wirtschaft­ung ist kein Gesamtkonz­ept, sondern ein Fleckerlte­p- pich. Oder hätten Sie gewusst, dass man in Wien-Wieden bis 22 Uhr einen Parkschein benötigt, in Meidling aber nur bis 19 Uhr? Mittlerwei­le ist auch eine Redimensio­nierung der städtische­n Behinderte­nparkplätz­e angezeigt. Ihre Zahl wird geradezu wahllos vergrößert. Doch sie stehen – u. a. in Parkgarage­n – fast immer leer.

Noch eines zum Abschluss: Bitte keine „Kunst“mehr auf Kreisverke­hrs-Inseln! Sie sind meist raumfüllen­de Monumente des schlechten Geschmacks von Lokalpolit­ikern. Eigentlich ein Wunder, dass es dort nicht öfter zu Unfällen schreckens­starrer Verkehrste­ilnehmer kommt. Liebe Politiker, eure Themen liegen buchstäbli­ch auf der Straße!

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