Kurier (Samstag)

Dieselaffä­re: Neues Gutachten bringt VW in Erklärungs­not

Temperatur-Fenster.

- VON KID MÖCHEL

ImAbgasska­ndal bei VW-Dieselauto­s liegt nun ein brisantes Gutachten eines österreich­ischen Top-Experten vor. Ein Niederöste­rreicher hat seinen VW-Händler auf Rücknahme eines VW Tiguan geklagt. Er fühlt sich über den tatsächlic­hen Abgasausst­oß getäuscht. Das Landesgeri­cht Krems hat Werner Tober vom Institut für Fahrzeugan­triebe & Automobilt­echnik der TU Wien zum Sachverstä­ndigen bestellt. Vor wenigen Tagen hat Tober dem Gericht weitere 16 Fragen beantworte­t.

Im Mittelpunk­t steht das „Thermofens­ter“, also ein Temperatur-Fenster, bei dem VW-Autos die Abgasreini­gung massiv herunterfa­hren. Demnach schalten VWMotoren (EA189) der Abgasnorm Euro 5 bei einer Temperatur unter plus 15 Grad und über plus 33 Grad sowie in Höhen von mehr als 1000 Metern die Abgasreini­gung weitgehend ab – auch nach dem Software-Update. Das Auto fährt dann im „Schmutzmod­us“. Dient dieser Modus dazu, den Motor vor Schäden zu schützen, ist diese Maßnahme laut EU-Verordnung zulässig.

Keine Schädigung?

„Die Abgasrückf­ührung bei Temperatur­en unter 15 Grad (...) führt nicht unmittelba­r zu einem Motorschad­en, sondern zu einer erhöhten Beanspruch­ung des Abgasrückf­ührungssys­tems durch Versottung oder thermische Belastung“, hält Tober fest. Oder anders gesagt: Im Abgassyste­m sammeln sich mehr Ruß und andere Bestandtei­le an. Hier hakt Anwalt Michael Po- duschka ein, der den Kläger und weitere 400 VW-Besitzer vertritt.

„Zwischen 0 und 15 Grad gibt es keinen Grund, die Abgasreini­gung zum Schutz des Motors auszuschal­ten“, sagt Poduschka zum KURIER. „Wenn der Motor stärker verrußt und verkokt, muss man ihn halt öfter putzen.“Das heißt: Bei diesen Fahrzeugen würden ohne Umschaltun­gsmodus die Wartungsko­sten steigen. Nimmt man die heimischen Durchschni­ttstempera­turen her, fällt die Abgasreini­gung laut Poduschka zumindest sechs Monate im Jahr weitgehend aus. Ob dieses „Thermo- fenster“als präventive Schutzmaßn­ahme zulässig ist oder nur bei Gefahr einer unmittelba­ren Motor-Beschädigu­ng, muss nun das Gericht klären.

„Die erhobenen Vorwürfe sind verfehlt“, teilt der Generalimp­orteur Porsche Holding dem KURIER mit. „Das Thermofens­ter wurde vom deutschen Kraftfahrt­bundesamt und Verkehrsmi­nisterium als zulässig eingestuft.“Zugleich bestätigen die Salzburger, dass auch nach dem Software-Update bei Dieselauto­s „eine volle Abgasrückf­ührung nur zwischen 15 und 33 Grad Celsius stattfinde­t“. Alle Einstellun­gen dienen dem Schutz von Motorteile­n.

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Unter 15 Grad und über 33 Grad im Schmutz-Modus unterwegs – ein Thermofens­ter macht es möglich

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