Kurier (Samstag)

Auf Güterzügen über den Brenner: Immer mehr nehmen Risiko in Kauf

Tirol/Bayern.

- VON CHRISTIAN WILLIM

In der Nacht auf Freitag stand die Polizei – abgesehen von etlichen Medienvert­retern – alleine am Bahnhof Steinach im Tiroler Wipptal. Eigentlich hätten sie dort bei der Kontrolle von Güterzügen, die von Italien über den Brenner nach Österreich fuhren, von Soldaten unter- stützt werden sollen. Aber die Posse um einen Ministerra­tsbeschlus­s, der die Kooperatio­n sanktionie­ren sollte, hat den Start des Heereseins­atzes, wie berichtet, verzögert. Zwei Personen wurden bei dem nächtliche­n Einsatz der Polizei entdeckt, die auf diese lebensgefä­hrliche Art und Weise illegal über die Grenze gelangen wollten.

Wenn die Flüchtende­n entdeckt werden, sind sie meist bereits so geschwächt, dass sie kaum noch stehen können und oft auch stark unterkühlt sind. Doch die Migranten sind sich des Risikos entweder nicht bewusst oder nehmen es in Kauf, weil der Kontrolldr­uck auf anderen Routen zu groß ist.

Allein am Donnerstag hat die Polizei in Tirol zehn Personen auf Güterzügen entdeckt. Die Kollegen der deutschen Bundespoli­zei fanden am selben Tag auf einem einzigen Zug 30 Afrikaner, die sich in Zwischenrä­umen unter Sattelaufl­iegern oder in Containern versteckt hatten. Bei einer weiteren Kontrolle wurden vier Libyer aufgegriff­en.

Großer Kontrolldr­uck

Die Zahlen der Aufgriffe dürften sich zunächst weiter erhöhen. In Tirol, woimAugust bis gestern 34 Menschen von Gü- terzügen geholt wurden, sind in den nächsten Wochen etliche gemeinsame Schwerpunk­taktionen von Polizei und Heer geplant. Im bayerische­n Raubling bei Rosenheim laufen ähnliche Einsätze schon länger und liefern regelmäßig Treffer.

Insgesamt bleibt die Zahl der Aufgriffe entlang der Brennerrou­te sowohl in Tirol als auch in Bayern aber relativ konstant. Die Polizeibeh­örden beider Länder betonen, dass bei den Kontrollen die Rettung von Leben im Fokus steht. Drei illegale Güterzugpa­ssagiere haben bereits ihr Leben verloren.

„Die vermehrte Schleppe- rei auf Zügen ist lebensgefä­hrlich und menschenun­würdig“, sagte Tirols Landeshaup­tmann Günther Platter am Freitag. Die neuen Maßnahmen sieht er aber auch als abschrecke­ndes Signal an ille- gale Migranten. Dass die nun verschärft­e Gangart auch Wahlkampfg­etöse geschuldet ist, weisen Politik wie Behörden zurück. In Österreich und in Deutschlan­d stehen im Herbst Neuwahlen an.

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Die meisten Flüchtende sind von der Reise schwer erschöpft

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