Auf Güterzügen über den Brenner: Immer mehr nehmen Risiko in Kauf
Tirol/Bayern.
In der Nacht auf Freitag stand die Polizei – abgesehen von etlichen Medienvertretern – alleine am Bahnhof Steinach im Tiroler Wipptal. Eigentlich hätten sie dort bei der Kontrolle von Güterzügen, die von Italien über den Brenner nach Österreich fuhren, von Soldaten unter- stützt werden sollen. Aber die Posse um einen Ministerratsbeschluss, der die Kooperation sanktionieren sollte, hat den Start des Heereseinsatzes, wie berichtet, verzögert. Zwei Personen wurden bei dem nächtlichen Einsatz der Polizei entdeckt, die auf diese lebensgefährliche Art und Weise illegal über die Grenze gelangen wollten.
Wenn die Flüchtenden entdeckt werden, sind sie meist bereits so geschwächt, dass sie kaum noch stehen können und oft auch stark unterkühlt sind. Doch die Migranten sind sich des Risikos entweder nicht bewusst oder nehmen es in Kauf, weil der Kontrolldruck auf anderen Routen zu groß ist.
Allein am Donnerstag hat die Polizei in Tirol zehn Personen auf Güterzügen entdeckt. Die Kollegen der deutschen Bundespolizei fanden am selben Tag auf einem einzigen Zug 30 Afrikaner, die sich in Zwischenräumen unter Sattelaufliegern oder in Containern versteckt hatten. Bei einer weiteren Kontrolle wurden vier Libyer aufgegriffen.
Großer Kontrolldruck
Die Zahlen der Aufgriffe dürften sich zunächst weiter erhöhen. In Tirol, woimAugust bis gestern 34 Menschen von Gü- terzügen geholt wurden, sind in den nächsten Wochen etliche gemeinsame Schwerpunktaktionen von Polizei und Heer geplant. Im bayerischen Raubling bei Rosenheim laufen ähnliche Einsätze schon länger und liefern regelmäßig Treffer.
Insgesamt bleibt die Zahl der Aufgriffe entlang der Brennerroute sowohl in Tirol als auch in Bayern aber relativ konstant. Die Polizeibehörden beider Länder betonen, dass bei den Kontrollen die Rettung von Leben im Fokus steht. Drei illegale Güterzugpassagiere haben bereits ihr Leben verloren.
„Die vermehrte Schleppe- rei auf Zügen ist lebensgefährlich und menschenunwürdig“, sagte Tirols Landeshauptmann Günther Platter am Freitag. Die neuen Maßnahmen sieht er aber auch als abschreckendes Signal an ille- gale Migranten. Dass die nun verschärfte Gangart auch Wahlkampfgetöse geschuldet ist, weisen Politik wie Behörden zurück. In Österreich und in Deutschland stehen im Herbst Neuwahlen an.