Nach Protest wurden Wienerinnen in der Arktis festgenommen Fipronil: Ermittlungen gegen heimische Ei-Firma
Norwegen. Skandal.
Dalia Kellou befindet sich im Gewahrsam der norwegischen Küstenwache. Die 23jährige Wienerin wurde festgenommen. Genau wie ihre 34 Mitstreiter von Greenpeace. Unter ihnen ist auch eine weitere Österreicherin. Mit ihnen wollte sie die Ölbohrungen in der Arktis stoppen. Jetzt sitzt sie an Bord des Greenpeace-Schiffes „Arctic Sunrise“, das beschlagnahmt wurde und nach Tromsø gebracht wird.
„Du bist unterwegs und siehst auf das freie Meer, das klare Wasser. Dann kommt plötzlich aus dem Nichts so ein Monster ins Blickfeld. Daneben haben wir sogar einen Wal gesehen“, schildert die 23-jährige Kellou. Grund genug für sie, um den strafrechtlichen Ärger in Kauf zu nehmen, der ihr wegen des Protests gegen die Öl-Plattformen droht. „Für mich überwiegt die Legitimität der Aktion.“
Arktis-Premiere
Seit fünf Jahren engagiert sich Kellou ehrenamtlich für die Organisation. Warum? „Weil es Leute mit Macht gibt, die diese Macht ausnützen. Man muss ihnen Limits aufzeigen.“Zuvor protestierte sie schon in der Schweiz gegen Atomkraft und in Luxemburg gegen das Freihandelsabkommen. „Aber die Arktis, die ist schon spannend“, sagt die Studentin.
Eigentlich wollten die Aktivisten so lange bleiben, bis ihre Nachrichten gehört werden. Sieben Stunden lang protestierten sie in Kajaks Dalia Kellou Aktivistin vor der Plattform, platzierten eine 300 Kilogramm schwere Weltkugel davor, die mit Nachrichten von 1000 Menschen beschriftet war. Reaktion von der Bohrinsel gab es dazu keine. Nur die Aufforderung, das Gebiet zu verlassen. Tatsächlich dürften die Aktivisten in die Sperrzone rund um die Plattform eingedrungen sein. Die Küstenwache wurde daraufhin tätig und beschlagnahmte Donnerstagabend das Schiff. „Auch an Bord sind Mitarbeiter der Küstenwache. Aber wir können uns frei bewegen“, schildert Kellou. In der Nacht auf Sonntag soll das Schiff in Tromsø ankommen.
Erst im vergangenen Jahr hatte die norwegische Regierung neue Ölförderlizenzen vergeben – auch im Gebiet Korpfjell. Das würde laut Greenpeace dem Pariser Klimaschutzabkommen und der norwegischen Verfassung widersprechen. Durch die Nähe zur arktischen Eisdecke hätten Experten davon abgeraten, dieses Gebiet für Bohrungen freizugeben. Kein Tag vergeht, bei dem nicht neue Fälle auftauchen, bei denen das Pestizid Fipronil in Eiern nachgewiesen wird. Bis Freitag waren bereits in 18 EU-Ländern sowie in Nicht-EU-Staaten wie der Schweiz, dem Libanon und Hongkong Funde bekannt.
Die Ermittlungen führen auch nach Österreich. Die slowakische Lebensmittelbehörde hatte , wie berichtet, in vier Hotels in Bratislava mit Fipronil belastete Ei-Produkte gefunden. Es handle sich um pasteurisierte Mischprodukte, die aus niederländischen Eiern produziert wurden. 675 Packungen zu je 1000 Gramm konnten von der slowakischen Behörden beschlagnahmt werden. Die Produkte seien in Deutschland verarbeitet und von einer österreichischen Gastronomiefirma an die betroffene Hotelkette geliefert worden. Gegen diesen Betrieb wird nun ermittelt.
In Österreich sind rund 20 Prozent der Proben positiv auf Fipronil getestet worden. Das ist das Ergebnis aus 109 Testergebnissen. Alle untersuchten Produkte aus dem heimischen Einzelhandel wie Frisch-Eier, Backwaren, Hühnerfleisch, Kekse, Mayonnaise, Teigwaren und Waffeln sind nicht betroffen, heißt es von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Jedoch konnte in 21 Proben aus dem Großhandel das Pestizid nachgewiesen werden. Bei den Produkten handelt es sich um Flüssigei, Eiweißpulver, Eigelb, Vollei, gekochte und geschälte Eier. Diese sollen aus Deutschland, Niederlanden, Dänemark und Belgien stammen. Der Grund für die erhöhten Werte ist laut ersten Ermittlungen, dass das Mittel unerlaubterweise zur Reinigung von Ställen eingesetzt wurde.
Der Skandal soll nun auch beim EU-Agrarministertreffen am 5. September Thema sein. Die Tagesordnung wurde entsprechend ge
ändert.
„Du siehst auf das freie Meer. Und dann kommt plötzlich aus dem Nichts so ein Monster ins Blickfeld.“