Terrorzelle plante weitere Bluttaten
Attentäter erschossen. Gruppe bestand aus etwa 12 Personen mit marokkanischem Hintergrund
Die spanische Zeitung El Pais brachte die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen präzise auf den Punkt. „Es begann in Alcanar“titelte das international renommierte Blatt und rückte einen in der Hektik nach dem Terroranschlag zuerst kaum beachteten Vorfall in den Mittelpunkt seiner Analysen.
Am Mittwoch, also am Tag vor dem Anschlag, war bei einer Explosion in der besagten Ortschaft, 200 Kilometer südlich von Barcelona, ein Mann ums Leben gekommen. Unfallursache war eine Gasflasche, die offensichtlich bei einer groben Manipulation in die Luft geflogen war. Im Keller des Hauses fand die Polizei dann weitere 20 solcher Flaschen, allesamt für einen Einsatz als Terrorwaffe präpariert. Ein bei der Explosion verletzter Mann wurde verhaftet. Durch seine Aussagen konnte die Polizei offensichtlich eine direkte Spur von Alcanar zu den Anschlägen von Barcelona knüpfen. Details werden vorerst unter Verschluss gehalten.
Klar aber scheint, in Alcanar plante die Terrorzelle ihr Vorgehen bis ins Detail – und bis zu den Fluchtmöglichkeiten. Dass die mörderische Autoattacke auf den Ramblas am Freitag, bei der 13 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt wurden, die einzige war, die tatsächlich ausgeführt wurde, war wohl Glück im – entsetzlichen – Unglück.
Tod bei Amokfahrt
Denn Freitag, um etwa 2 Uh r morgens, als ganz Barcelona nach dem Blutbad auf der Touristenmeile Las Ramblas noch völlig unter Schock stand, raste in der Kleinstadt Cambrils ein weiteres Auto durch die Stadt. In dem Auto saßen fünf mutmaßliche Terroristen, darunter nach Medienberichten auch der Fahrer des Lieferwagens auf den Ramblas: Der 17-jährige Moussa Oubakir . Als die Polizei sie aufhielt, raste der Wagen los. Moussa war nach dem Anschlag im Stadtzentrum geflohen und hatte es bis Cambrils geschafft.
Auf der offensichtlich völlig panischen Flucht überrollte das Auto mehrere Passanten, eine Frau wurde getötet, sechs weitere Personen verletzt, darunter auch einer der Polizisten, die die Kontrolle durchführen wollten. Als das Auto umkippte, flüchteten die fünf zu Fuß weiter. Schließlich gelang es der Polizei, sie zu erschießen, auch den Attentäter Moussa. Unerklärlich bleibt, was sie tatsächlich vorhatten. Eine erste polizeiliche Untersuchung hatte noch in der Nacht ergeben, dass sie Sprengstoffgürtel trugen. Diese stellten sich aber bald danach als Attrappen heraus.
Die Polizei, so berichten spanische Medien übereinstimmend, geht jedenfalls davon aus, dass hinter dem Anschlag in Barcelona und dem offensichtlich gescheiterten in Cambrils eine Terrorzelle steckt. Diese soll etwa zwölf Personen umfassen. Inzwischen sind vier davon verhaftet worden. Drei davon sind Marokkaner, einer stammt aus Melilla, der spanischen Exklave in Afrika und hat damit wahrscheinlich auch marokkanischen Hintergrund.
Täter lebten bei Eltern
Der erste unmittelbar nach dem Anschlag Verhaftete war der 19-jährige Driss Oukabir. Auf seine Spur kam die Polizei, weil in dem Auto, mit dem die Terroristen auf ihre Todesfahrt gingen, ein Pass gefunden worden war. Dieser soll Oukabir gehört haben. Unter seinem Namen war auch das Tatfahrzeug gemietet worden, gemeinsam mit einem zweiten gleichartigen Lieferwagen, den die Polizei nach dem Anschlag in der Vorstadt fand. Der 28-Jährige behauptet aber, mit der Tat nichts zu tun zu haben. Sein jüngerer Bruder Moussa soll ihm den Pass entwendet, und so die Autos gemietet haben.
Driss wurde in der katalanischen Kleinstadt Ripoll festgenommen, und zwar unweit der Wohnung, in der er mit seinen Eltern und seinem Bruder Moussa lebte.
Ripoll wurde am Freitag zum wichtigsten Schauplatz der Fahndung. Zwei weitere Verdächtige wurden dort festgenommen. Einer davon betrieb eine Art Internet-Café, in dem auch Ferngespräche geführt wurden. Hier sollen die Verdächtigen mit Verwandten in Marokko gesprochen haben. Auch Geld wurde über dieses Lokal nach Hause geschickt. Der Verhaftete Driss Oukabir kaufte dort ein Flugticket nach Marokko.