Kurier (Samstag)

Radikale Prediger sind schwer zu überführen

IS-Sympathisa­nten.

- VON PATRICK WAMMERL UND ELISABETH HOLZER

Selbst ernannte HinterhofI­mame, die versuchen andere zu radikalisi­eren, sind sowohl inner- als auch außerhalb der heimischen Gefängniss­e ein nicht zu unterschät­zender Gefahrenhe­rd.

Im Jänner wurden zwölf Mitglieder eines islamische­n Glaubensve­reins in Graz sowie die beiden führenden Prediger und „Autoritäte­n“der dort ansässigen Moschee wegen Terrorverd­achts festgenomm­en. Der deutsche Islamwisse­nschafter Guido Steinberg bekam von der Staatsanwa­ltschaft Graz den Auftrag, die Rolle der Prediger Nedžad B. (41) alias Ebu Muhammad und Farhad Q. (40) alias Abu Hamzah al-Afghani genau zu durchleuch­ten. Sein Gutachten macht deutlich: Trotz massiver radikaler Tendenzen in zig Schriften und Predigten ist es nach bestehende­r Gesetzesla­ge schwer, den Verdächtig­en staatsfein­dliche Aktivitäte­n oder den Aufruf zu terroristi­schen Handlungen nachzuweis­en – und das obwohl 19 Mitglieder des Grazer Glaubensve­reins nach Syrien in den Krieg gezogen sind.

Der Verein und die Imame Ebu Muhammad und Abu Hamzah al-Afghani werden in die Gruppe der „Takfiriste­n“eingeordne­t – eine sektenarti­ge Strömung, die ganze muslimisch­e Gesellscha­ften für ungläubig hält. „Sie gelten als radikalste­r Teil der dschihadis­tischen Bewegung“, sagt Steinberg. Ein Teil spreche sich aktuell aber gegen Gewalt und die Terrormili­z IS aus.

Nach Durchsicht aller veröffentl­ichen Schriften ist Steinberg der Meinung, dass sich die Glaubensle­hre der beiden Prediger innerhalb der demokratis­ch rechtsstaa­tlichen Ordnung bewege. Auffällig sei allerdings, dass so viele Anhänger des Glaubensve­reins sich dem IS in Syrien anschlosse­n und Nedžad B. als führende Kraft dabei zusah. „Er wäre allerdings nicht der erste ideologisc­he Anführer, der seine Anhänger in den Kampf schickt, nur um selbst zurückzubl­eiben“, heißt es in Steinbergs Gutachten. Weil gegen Farhad Q. die Suppe dünn ist, wurde er kürzlich aus der UHaft entlassen. Nedžad B. hat seine nächste Haftprüfun­gsverhandl­ung am Montag.

Probleme im Gefängnis

„Wir hatten hier Probleme“, gibt Josef Mock, Leiter der Justizanst­alt Graz-Karlau, zu. Vier verurteilt­e Radikalisi­erer haben junge Muslime unter Druck gesetzt, damit sie bei der Inszenieru­ng des politische­n Islams mitmachen.“Da wurde dann in großen Gruppen offen auf dem Spazierhof gebetet, doch „Zusammenro­ttungen“jeglicher Art seien verboten. „Das war eine Provokatio­n, die wir nicht zulassen.“

Deshalb wurden vor kurzem zwei der selbst ernannten Prediger verlegt. Seither habe sich die Situation verbessert. „Die Radikalisi­erer haben viele im Schlepptau, denen das Thema gar nicht so recht ist“, glaubt Mock. Denn unter den 111 Muslimen in der Karlau schätzt er nur fünf bis sechs als gefährdet für die Ideologie der Dschihadis­ten ein. „Die anderen sagen, sie sind froh, von dem Druck befreit zu sein, mitmachen zu müssen.“

Von den 520 Insassen der Karlau sind ein Fünftel Muslime. „Viele sind sehr religiöse Leute“, betont Mock. Anfällig dadurch für radikale Prediger: Er würde sich mehr Zusammenar­beit mit der Islamische­n Glaubensge­meinschaft wünschen. „Es ist sehr schwierig, Imame zu bekommen, die öfter bei uns sind.“

 ??  ?? Eine Spur der Verwüstung: Vier Millionen Kubikmeter Schlamm und Gestein rutschten bis ins Tal
Eine Spur der Verwüstung: Vier Millionen Kubikmeter Schlamm und Gestein rutschten bis ins Tal
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G. Steinberg verfasste zu den Verdächtig­en ein Gutachten
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Karlau-Leiter Josef Mock ließ zwei Radikalisi­erer verlegen

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