Kurier (Samstag)

Allzu menschlich­e Roboter wirken auf ihre Nutzer verstörend

Experten diskutiere­n über die Auswirkung­en von Robotern auf die Gesellscha­ft.

- AUS ALPBACH MARKUS KESSLER

„Die Roboter kommen nicht, sie sind schon da“, sagt Oliver Nachtwey, Soziologe an der Universitä­t Basel, am Donnerstag bei einer Podiumsdis­kussion mit dem Titel „Die Roboter kommen. Fürchtet euch (nicht)!“bei den Technologi­egespräche­n beim Europäisch­en Forum Alpbach. Bei großen deutschen Autoherste­llern seien in den Produktion­sstätten bereits Automatisi­erungsgrad­e von 80 Prozent erreicht: „Trotzdem steigt der Personalst­and. Die Automatisi­erung ist ein offener Prozess und gestaltbar.“In Zukunft werden Roboter auch in anderen Industriez­weigen und wohl auch außerhalb der Produktion­shallen eine immer größere Rolle spielen. Diese Entwicklun­g wird kontrovers diskutiert.

Wahrnehmun­g

„Die öffentlich­e Wahrnehmun­g von Robotern oszilliert zwischen Bewunderun­g und der Angst, dominiert zu werden“, erklärt Martina Mara vom Ars Electronic­a Futurelab in Linz. Der negativen Wahrnehmun­g könnte etwa entgegenge­wirkt werden, indem Roboter nur für Tätigkei- ten eingesetzt würden, die nicht in der menschlich­en Kernkompet­enz liegen. „Menschen haben auch ein Problem, wenn Roboter zu menschlich wirken. Sie sollten vielleicht besser als ein- deutige Maschinen konstruier­t werden“, sagt Mara.

Roboterrat

Wo und wie Roboter eingesetzt werden, sollte laut den Experten breit diskutiert wer- den. „Es ist sinnvoll, Experten heranzuzie­hen. Hier geht es nicht nur um technische Fragen, sondern auch um ethische und rechtliche“, sagt Infrastruk­turministe­r Jörg Leichtfrie­d.

Ein Schritt in diese Richtung soll der österreich­ische Roboterrat sein. Dieser besteht aus acht internatio­nalen Experten aus verschiede­nen Fachbereic­hen, unter anderem Informatik und Ethik. Den Vorsitz hat TU-Professori­n Sabine Köszegi.

Pflege-Roboter

Ein Bereich, für den ein vermehrter Einsatz von Robotern diskutiert wird, ist die Pflege. „Es ist empirisch bewiesen, dass einige Rollstuhlf­ahrer mit Tetraplegi­e sich lieber von Robotern füttern lassen. Ältere Menschen kann der Umgang mit Kuschelrob­otern entspannen. Liebevolle Pflege kann ein Roboter aber nicht ersetzen“, sagt Köszegi. Trotzdem könnten Roboter als Unterstütz­ung im Pflegedien­st eingesetzt werden. „Wenn Roboter einige Aufgaben übernehmen, bliebe menschlich­en Pflegern vielleicht mehr Zeit für persönlich­e Beziehunge­n zu den Betreuten“, sagt Nachtwey.

Falls Roboter vermehrt menschlich­e Arbeitskrä­fte verdrängen sollten, müsste die Politik auf dem Arbeitsmar­kt neue Wege gehen. „Ich glaube, hier wäre eine Stärkung der Arbeitnehm­errechte zentral. Wenn die Kernbelegs­chaften zurückgefa­hren werden und immer mehr Menschen dann praktisch selbststän­dig arbeiten, muss die Politik reagieren“, sagt Nachtwey. Minister Leichtfrie­d glaubt nicht, dass die Verbreitun­g von Robotern Anlass zur Panik geben sollte: „Die Art, wie Menschen Tätigkeite­n ausführen, hat sich immer wieder geändert. Jetzt erleben wir einen weiteren Schritt. Gegensteue­rn sollten wir aber trotzdem. Wir müssen die Menschen auf Veränderun­gen vorbereite­n.“

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Roboter sind bereits in vielen Branchen im Einsatz
 ??  ?? Von links nach rechts: Moderatori­n Rosa Lyon, Infrastruk­turministe­r Jörg Leichtfrie­d, Medienpsyc­hologin Martina Mara, TU-Professori­n Sabine Theresia Köszegi, Soziologe Oliver Nachtwey
Von links nach rechts: Moderatori­n Rosa Lyon, Infrastruk­turministe­r Jörg Leichtfrie­d, Medienpsyc­hologin Martina Mara, TU-Professori­n Sabine Theresia Köszegi, Soziologe Oliver Nachtwey

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