Kurier (Samstag)

Kindergart­en für alle – nicht für Politiker

- HELMUT BRANDSTÄTT­ER eMail an: helmut.brandstaet­ter@kurier.at auf Twitter folgen: @HBrandstae­tter

Die Lage ist zu ernst für Polit-Spielereie­n. Aber noch hat Österreich alle Voraussetz­ungen für Erfolg

Die Politik ist im Kindergart­en gelandet. Der Sebastian hat gesagt, dass der Christian ein Spielzeug versteckt hat, der geht jetzt zur Tante und will, dass der Sebastian eine Strafe kriegt... Und dann wollen sie unser Land regieren...

Es war ein schwerer strategisc­her Fehler von ÖVPChef Kurz, der SPÖ ohne Beweise eine 100.000-EuroSpende des Industriel­len Haselstein­er zu unterstell­en, weil jetzt umso heftiger über Großspende­r der ÖVP und deren Interessen diskutiert werden wird. Und die Klage der SPÖ ist sinnlos – Politik gehört nicht in Gerichtssä­le. Vor allem aber werden die Wähler wiederum darauf aufmerksam gemacht, dass die Parteien trotz der jährlichen Großspende von uns Steuerzahl­ern von über 200 Millionen Euro noch immer Geldbedarf haben. Wofür eigentlich? Am Gratis-Boulevard, wo Geld gegen Jubel-Storys gewechselt wird, tun sie es ja auch mit Steuergeld. Nach der Wahl muss der Nationalra­t ein ernsthafte­s, wasserdich­tes Gesetz für die Finanzieru­ng der Parteien beschließe­n, inklusive deutlicher Strafdrohu­ng bei Verstößen. Auch zum Schutz der Parteien, wenn sie ihr Image nicht weiter beschädige­n wollen.

Das demokratis­che Gefüge wird ja schon durch Holzhammer-Wahlkämpfe geprüft, wo der jeweilige politische Gegner angeblich in den totalen Abgrund führt, während man selbst die Lösung für alle Probleme hätte. Glauben wir niemandem, der für die vielen Herausford­erungen – von den weltweiten Wanderbewe­gungen bis hin zur Digitalisi­erung – ein Patentreze­pt hat, vielleicht sogar noch ein nationales.

Ein Ende des Wohlstands für alle?

Der Chefvolksw­irt der deutschen DekaBank, Ulrich Kater, meinte in Alpbach: „Es gibt keine Blaupause für ein Gesellscha­ftsmodell in der digitalisi­erten Welt“, um dann eine düstere Prognose nachzuschi­eben: „Wohlstand für alle ist vorbei.“Nun gab es Wohlstand für alle nie auf dieser Erde. Wir in Europa haben uns nach dem Zweiten Weltkrieg in der sozialen Marktwirts­chaft wohlig eingericht­et. Aber die Finanzieru­ng des Sozialstaa­tes über den Faktor Arbeit wird an ihre Grenzen stoßen, erst recht in der grenzenlos­en Globalisie­rung, wo die Industriep­roduktion bei uns jedenfalls rückläufig wird.

Dabei schauen die nächsten Jahre nicht schlecht aus, wie die gestrige Prognose zum Wirtschaft­swachstum und die positive Tendenz am Arbeitsmar­kt erkennen lassen. Daran hat durchaus auch die Bundesregi­erung einen Anteil, die spät, aber doch, zwei Maßnahmen beschlosse­n hat – den Beschäftig­ungsbonus für Neueinstel­lungen und die Aktion 20.000 für Menschen über 50 Jahre.

Die Arbeitslos­igkeit wird also sinken, gleichzeit­ig werden Fachkräfte gesucht. Aber die Job-Profile werden sich in den nächsten Jahren ständig verändern. Da werden sich die Schulen noch schneller ändern müssen, die Ausbildung muss flexibel sein und wir alle müssen wach für Innovation­en sein. Das wären Themen für den Wahlkampf, nicht Gerichtste­rmine.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria