Kurier (Samstag)

„Nur Worte werden unsere Waffen sein“

FARC.

- TOBIAS KÄUFER, BOGOTA

Im Foyer des Kongressze­ntrums gibt es Buttons von Fidel Castro, Hugo Chavez und Che Guevara, allesamt Ikonen des Sozialismu­s. Diese Woche versammelt­en sich hier, in der Millionens­tadt Bogota, 1200 frühere Rebellen, die erst vor kurzem ihre Waffen an die UNO übergeben hatten – die FARC ist angekommen im Herzen Kolumbiens. Das ist der marxistisc­hen Guerilla-Bewegung wichtig; nach ihrem 50jährigen Kampf gegen den Staat mit 300.000 Toten und sieben Millionen Binnenf lüchtlinge­n fühlt sie sich nun akzeptiert und angenommen. Laut Umfragen haben mehr als 80 Prozent der Bevölkerun­g allerdings weiter ein negatives Bild von der FARC.

Nach dem historisch­en Friedensve­rtrag mit der Regierung 2016 will sich die FARC nun als Partei für Gerechtigk­eit einsetzen, etwa Land neu verteilen. Am Freitag wurde die „Fuerza Alternativ­a Revolucion­aria del Comun“aus der Taufe gehoben, die „Alternativ­e Revolution­äre Kraft des Volkes“, abgekürzt ebenfalls FARC. Bis 2026 sind der Partei je fünf Sitze in Senat und Abgeordnet­enkammer garantiert, danach muss sie sich Wahlen stellen.

Keine Begeisteru­ng

„Wir sind eine neue Idee, die das demokratis­che Spektrum erweitert“, sagt Marcos Calarca, „Außenminis­ter“der FARC dem KURIER. „Nur noch Worte werden unsere Waffen sein“, erklärt Gueril- la-Chef Rodrigo Londono, Kampfname „Timochenko“. Das Interesse ist riesengroß: Fast 400 Journalist­en und Blogger aus dem In- und Ausland hatten sich akkreditie­rt.

Die Rebellen kennen so etwas wie eine Parteitags­regie noch nicht. Es sitzen keine routiniert­en Berufspoli­tiker im Auditorium, sondern einfache Guerillero­s und Kleinbauer­n. Das macht die Veranstalt­ung ein Stück weit ehrlicher, offenbart aber auch, dass die FARC das Spiel mit den Medien erst lernen muss. Die FARC-Führer schaffen es nicht, die Delegierte­n mitzureiße­n. Sie lesen ihre Reden vom Manuskript ab. In einer militärisc­hen Kommando- struktur mag das funktionie­ren. In der neuen Welt, in der nur begeistern­de freie Reden zum Wahlsieg führen, wird damit nicht viel zu gewinnen sein. –

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Vermag noch nicht zu begeistern: FARC-Chef Londono („Timochenko“)

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