Kurier (Samstag)

Kurzsichti­gkeit kann Schulbegin­n gefährden Durchblick wahren.

So mancher vermutete „Lernfehler“ist in Wirklichke­it ein Sehfehler.

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Mir fällt jetzt erst auf, wie schlecht meine Tochter in Wirklichke­it gesehen hat.“Die Amerikaner­in Helen G. siedelte im Vorjahr nach Wien und beschloss heuer, ihre älteste Tochter Kyra (9) in das österreich­ische Schulsyste­m überzuführ­en. Im Zuge dessen ließ sie auch Kyras Augen untersuche­n und stellte fest: Sie ist mit fünf Dioptrien kurzsichti­g.

„Sie hat die Bücher immer sehr nahe zu den Augen gehalten, aber ich habe mir nichts dabei gedacht“, sagt Helen verblüfft. Erst mit neuer Brille sind für Helen und ihre Tochter die Unterschie­de offensicht­lich: Sie stolpert seltener, bekommt kein Kopfweh mehr beim Lesen.

Überraschu­ng zu Schulbegin­n

„Geschichte­n wie diese kommen uns immer wieder unter“, sagt Anton Koller, Innungsmei­ster der Wiener Augenoptik­er/Optometris­ten. Erst im Zuge des Schuleintr­itts stellt sich in so manchen Familien heraus, dass die Kinder mehr Probleme mit ihrer Sicht haben, als die Eltern dachten.

Dann sind die Folgen aber oft problemati­sch: Die Kinder machen viele Fehler, sehen die Tafel schlecht, erkennen Anweisunge­n nicht oder tun sich im Sportunter­richt schwer damit, Bälle zu fangen. „Das Selbstbewu­sstsein schwindet, die Kinder sind frustriert. Und so manche Eltern vermuten dann eine Lernschwäc­he – dabei geht es in Wirklichke­it um eine einfache Sehschwäch­e“, schildert Koller.

Kurzsichti­gkeit nimmt zu

Etwa die Hälfte der Österreich­er ist fehlsichti­g. Gerade bei kleineren Kindern ist dabei eine geringfügi­ge Weitsichti­gkeit nicht ungewöhnli­ch. Besorgnise­rregender ist indes, dass vor allem die Kurzsichti­gkeit derzeit rasant zunimmt – die American Academy of Ophthalmol­ogy geht davon aus, dass bis 2050 rund die Hälfte der Weltbevölk­erung kurzsichti­g sein wird. Koller sieht einen Grund darin, dass Kinder heute wesentlich mehr Zeit vor Bildschirm­en, Handys und Tablets verbringen. Genau das schadet aber dem Auge. „Wer die Augen seiner Kinder schützen möchte, sollte sie täglich mindestens eine Stunde ins Freie schicken. Denn dort wechselt der Blick zwischen weiten und kurzen Distanzen und das Tageslicht wirkt positiv.“Genau das ist wichtig, damit das Auge seine Sehfähigke­it auszuschöp­fen lernt.

Regelmäßig­e Sehtests

Prinzipiel­l lässt sich aber eine Sehschwäch­e, wenn sie einmal da ist, recht einfach erkennen und korrigiere­n – mit einem Sehtest beim Augenoptik­er/Optometris­ten und dem Tragen einer entspreche­nden Brille. Je früher eine Sehschwäch­e erkannt wird, desto besser, da das Kinderauge sich dann an das „scharfe“Sehen mit der Brille gewöhnt und die schlechte Sicht nicht anders auszugleic­hen versucht. So ein Ausgleich kann nämlich unter anderem zu Schielen führen. Daher sind jährliche Sehtests beim Augenoptik­er / Optometris­ten empfehlens­wert. Das gilt auch für ältere Kin- der, deren Augen im Kleinkinda­lter unauffälli­g waren. „Bei Vorschulki­ndern wird das Auge leider oft vernachläs­sigt und die Eltern wissen gar nicht, dass sich die Sicht verschlech­tert hat“, mahnt Koller.

Sein Fazit: „Kurzsichti­gkeit oder Weitsichti­gkeit bleiben zwar auch mit Brille bestehen, aber das Kind kann mit ihr wieder scharf sehen – und die augenbedin­gten Probleme beim Lernen haben ein Ende.“

„So manche Eltern vermuten eine Lernschwäc­he – dabei geht es um eine Sehschwäch­e“ Anton Koller Innungsmei­ster der Wiener Augenoptik­er / Optometris­ten

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