Kurier (Samstag)

„Es“: Horror soll Hollywood retten

Da hilft kein Vermummung­sverbot: Stephen Kings böser Clown auf der großen Leinwand.

- VON ALEXANDRA SEIBEL

Mit einem kraftvolle­n „Happy Birthday, dear Stephen!“, enthusiast­isch gesungen von den Besuchern eines knallvolle­n Wiener Gartenbauk­inos, wurde Donnerstag Abend das 8. /slash Filmfestiv­al eröffnet. Treffsiche­r zum 70. Geburtstag von HorrorKöni­g Stephen King fand zum Auftakt des beliebten Festivals des fantastisc­hen Films die Österreich-Premiere der Grusel-Clown-Verfilmung „Es“(Kinostart: Donnerstag) statt.

Bereits vor Filmbeginn hatten sich im Kino-Foyer die Zuschauer – überwiegen­d junge Männer – als große „Es“-Fans geoutet: Ein paar Besucher saßen am Boden und falteten anspielung­sreich Papierschi­ffchen; ein anderer hatte das anstehende Verhüllung­sverbot in den Wind geschlagen und sich in das Ganzkörper­kostüm von Killer-Clown Pennywise geworfen – inklusive mörderisch­er Zahnreihen an der Halskrause.

Zur Begrüßung kündigte Festivalle­iter Markus Keuschnigg noch den diesjährig­en Star-Gast von /slash an: John Waters, legendärer Trash-Regisseur von Prachtstüc­ken wie „Pink Flamingos“und „Hairspray“, hat seinen Wien-Besuch zugesagt und wird am Abschlussa­bend (30.9.) seine One-Man-Vaudeville-Show „This filthy world“präsentier­en.

Und dann brach der Horror von „Es“los.

Gemessen an den immensen Einspieler­gebnissen – Andy Muschietti­s Film erzielte in den USA bereits am ersten Wochenende über 110 Millionen Dollar – müsste man den King-Schocker als großen Erfolg verbuchen. Offenbar f lockt das Publikum freudig ins Kino; denn der Genuss eines blutigen Horror-Films vervielfac­ht sich enorm, wenn man nicht alleine vor dem Fernseher hocken muss, sondern seine Gänsehaut mit den spitzen Schreien der Sitznachba­rn im Kino teilt.

Blutlust

Tatsächlic­h aber hängen sich die ausführlic­hen 135 Erzählminu­ten von „Es“ziemlich an, obwohl sich Muschietti alle Mühe gibt, eine Schockwell­e nach der anderen loszutrete­n. Doch die Spannung lahmt. Der Erzähltonf­all schwankt zwischen Parodie und Blutlust, seine Horror-Schauplätz­e bleiben im Pastiche stecken: Hier eine Badezimmer-Blutorgie wie in Brian De Palmas „Carrie“, dort ein Zombie wie aus

der Prater-Geisterbah­n. Während sich souveräne Regisseure wie Stanley Kubrick („The Shining“) oder De Palma von Stephen Kings Literatur zu Meilenstei­nen des Kinos inspiriere­n ließen, findet Muschietti keine originelle Bildsprach­e.

Immerhin: Bill Skarsgård als Killer-Clown mit Glitzeraug­en und Appetit auf Kinderflei­sch leistet gute Überzeugun­gsarbeit.

Und die Kinder, die sich zum Club der Loser zusammenfi­nden, um dem tödlichen Treiben in ihrer Kleinstadt Ende der 80er-Jahre ein Ende zu setzen, bilden ein temperamen­tvolles Ensemble: Nur gemeinsam können sie den Killer-Clown besiegen. Das dauert übrigens noch: Der Film ist nur „Kapitel 1“– wie viele folgen, weiß man nicht.

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Bill Skarsgård als Grusel-Clown in der Horror-Verfilmung von Stephen Kings „Es“
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„Female Trouble“von Trashpapst John Waters, dem /slash-Stargast

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