Kurier (Samstag)

Echte Vietnamese­n schreien AIEYAAHHH!

Der Sympathisa­nt. Hollywood ist die Macht

- – PETER PISA

Nehmen wir ruhig an, der Film, bei dessen Dreharbeit­en auf den Philippine­n wir zuschauen dürfen, ist „Apocalypse Now“(1979) von Francis Ford Coppola. Er wird nicht ausdrückli­ch genannt, aber man versteht’s auch so.

Ein junger Mann hat uns mitgenomme­n, er ist der Berater für vietnamesi­sche Authentizi­tät. Seine Mutter war Vietnamesi­n, er arbeitete in Saigon für den CIA, ehe er zu Kriegsende nach Amerika flüchten musste.

Viel lässt ihn Coppola ja nicht korrigiere­n. Aber immerhin setzt er durch, dass die Vietnamese­n im Film nicht alle AIIIEEEEE schreien, sondern AIEYAAHHH.

Ungewasche­n

Dem „Schauspiel­gott“, damit ist Marlon Brando gemeint, hat er zwar gesagt, er könne sich durchaus waschen ab und zu, weil Soldaten selbst im Dschungel jede Gelegenhei­t wahrnahmen, um Seife und Wasser zu verwenden ... aber Brando lächelte nur mitleidig: Was verstehst du von method acting?

Nach sieben Monaten Drehzeit war Charlie Sheen nicht zu beneiden, als er Brando in den Armen halten musste.

Diese Szenen sind das Herzstück von „Der Sympathisa­nt“, diesem mit Lob überhäufte­n und mit dem Pulitzer-Preis 2016 ausgezeich­neten Roman. Man erliegt ihm spätestens bei „Apocalypse Now“. Es amüsiert. Die Macht Amerikas wird vorgeführt.

Autor Viet Thanh Nguyen, geboren 1971 in Vietnam, sagt uns: Amerika hat zwar den Krieg verloren, aber die Herrschaft über die VietnamEri­nnerungen hat Amerika dank Hollywood erobert.

Es erzählt der CIA-Mann. Er ist Spion, Maulwurf ... er spioniert auch für die Kommuniste­n. Er hat zwei Gesichter, es ist kein Wunder, dass er auch zwei Seelen hat.

Er ist „Der Sympathisa­nt“, und dieser Roman ist Agententhr­iller, Satire, Geständnis, Geschichte eines Einwandere­rs, aber er hat nur eine Seele. Die vietnamesi­sche. Guter Ausgleich dafür, dass den Amerikaner­n die Kunst wichtiger war als die Millionen Toten. Seite 341: „Was uns zu Menschen macht, ist der Umstand, dass wir die einzigen Geschöpfe sind, die sich selbst in die Scheiße reiten können.“

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1975 flüchteten seine Eltern mit ihm in die USA: Viet Thanh Nguyen
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„Der Sympathisa­nt“Übersetzt von Wolfgang Müller. Blessing Verlag. 528 Seiten. 25,70 Euro.
Viet Thanh Nguyen: „Der Sympathisa­nt“Übersetzt von Wolfgang Müller. Blessing Verlag. 528 Seiten. 25,70 Euro.

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