Kurier (Samstag)

Fünfjährig­er stürzte durch offenes Fenster im Stiegenhau­s in den Tod

Ottakring.

- VON BIRGIT SEISER

Die Familie des verunglück­ten fünf Jahre alten Amer ist am Tag nach dem Unglück in Tränen aufgelöst. Sie will nicht über den Tod des Buben sprechen: Amer war am Donnerstag in Wien-Ottakring aus einem Fenster im vierten Stock gefallen. Die syrische Familie steht nun zu- dem im Fokus der Ermittlung­en, wegen Verdachts der Vernachläs­sigung der Aufsichtsp­flicht. Denn als Amer am Donnerstag­nachmittag mit seinem siebenjähr­igen Bruder im Stiegenhau­s zwei Stockwerke über der Wohnung der Familie spielte, waren die 26-jährige Mutter und der 35 Jahre alte Vater nicht dabei. Der Bub dürfte durch ein offen stehendes Fenster geklettert und in den Hof gestürzt sein.

Rettungskr­äfte bargen den Fünfjährig­en und brachten ihn ins Krankenhau­s – dort starb der er wenige Stunden später. „Mit großer Wahrschein­lichkeit führten die le- bensgefähr­lichen Kopfverlet­zungen zu seinem Tod“, erklärt Andreas Huber, Sprecher der Wiener Berufsrett­ung.

Fenster stand offen

Beim Lokalaugen­schein in dem Haus am Lerchenfel­der Gürtel fällt auf, dass im vierten Stock ein etwa 40 mal 40 Zentimente­r großes Fensterseg­ment offen steht. In dem Stiegenhau­s sind überhaupt alle Fenster sperrangel­weit offen – ein gefährlich­er Spielplatz für Kleinkinde­r. Das Haus, in dem die Familie wohnt, ist allgemein in einem sehr desolaten Zustand. Der Fall Amer B. ist bereits der vierte folgenschw­ere Fensterstu­rz eines Kindes dieses Jahr. Erst am Montag erlag ein Fünfjährig­er in Kärnten seinen schweren Verletzung­en, nachdem er aus dem fünften Stock eines Wohnhauses gestützt war. Im Sommer fiel der zweijährig­e Rami in Wien-Meidling aus dem Fenster und lag danach mehrere Tage ihm Koma. Rami überlebte, genauso wie ein Einjährige­r der am im Juli in Wien-Hernals aus demvierten Stock gestürzt war.

Pro Jahr ereignen sich laut Kuratorium für Verkehrssi­cherheit rund 20 Fensterstü­rze – mindestens zwei bis fünf Kinder sterben dabei an den Folgen. Vor allem für Kin- der zwischen zwei und vier Jahren besteht ein erhöhtes Risiko, denn die Schnelligk­eit und Bewegungsf­reiheit nehmen in diesem Alter rasant zu. Kindlicher Entdeckung­sdrang in Kombinatio­n mit geöffneten Fenstern und ungesicher­ten Balkonen können innerhalb Sekunden zur Gefahr werden.

Deshalb raten Experten zum Montieren von Sicherun- gen. Aber auch dann muss das Kind beaufsicht­igt werden. „Die beste Sicherung nützt nichts, wenn das Fenster geöffnet ist. Manche Sicherunge­n können sehr leicht von Kindern selbst geöffnet werden. Man sollte unbedingt darauf achten, bis zu welchem Alter die Sicherunge­n verwendbar sind“, appelliert KfV-Sprecherin Johanna Trauner-Karner.

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Durch dieses Fenster stürzte der fünfjährig­e Amer in den Innenhof

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