Sektduschen in Übersee
Der 26-Jährige gewann sein erstes Weltcuprennen Die 25-Jährige siegte im ersten Rennen nach der Knie-OP
Was hatten sich die österreichischen Abfahrer in den vergangenen Wintern nicht alles anhören müssen? Die Risikobereitschaft würde ihnen fehlen, die Körpersprache nicht stimmen, die Materialabstimmung nicht passen. Für Michael Walchhofer, Abfahrtsweltmeister aus dem Jahre 2003, waren die österreichischen Speedspezialisten „weit aus der Spur.“
Umso größer ist nun die Genugtuung nach dem Auftakt nach Übermaß. Die aktuelle Weltcupsaison ist zwar erst drei Speed-Rennen alt, doch schon jetzt kann festgestellt werden: Österreichs Abfahrer geben wieder die Richtung vor. Fünf Podestplätze durch vier unterschiedliche Fahrer sprechen eine eindeutige Sprache, und die Siegesfahrt von Kriechmayr im Super-G von Beaver Creek spricht sowieso für sich.
Wetterglück
Schon seit Jahren war der 26jährige Oberösterreicher als künftiger Siegfahrer und Star von morgen gehandelt worden. Doch allzu oft hatte der Sohn einer Belgierin die hohen Erwartungen nicht erfüllen können. „Weil er häufig zu viel wollte und zu viel riskierte“, befindet ÖSV-Chefcoach Andreas Puelacher. „Weil ich immer zu viele Fehler ge- 1. 2. Kjetil Jansrud (NOR) 3. 4. Adrien Theaux (FRA) 5. Alexis Pinturault (FRA) 6.
. Aksel Lund Svindal (NOR) 8. Aleksander Aamodt Kilde 9. Andreas Sander (GER) 10. Thomas Dressen (GER)
. Dominik Paris (ITA) 12. Thomas Tumler (SUI) 19. Max Franz (AUT) macht habe“, erklärte Kriechmayr.
Im Super-G von Beaver Creek gelang dem 26-JährigenamFreitag eine „sehr gute Fahrt.“Und dazu hatte Vincent Kriechmayr mit Startnummer drei auch noch das Wetterglück auf seiner Seite. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten konnte der Österreicher seinen Lauf bei strahlendem Sonnenschein und perfekter Bodensicht absolvieren – und prompt ging Kriechmayr ein Licht auf.
Als Hannes Reichelt (3.), immerhin vierfacher SuperG-Sieger auf der Birds-ofPrey-Piste, mit Startnummer 7 nicht an die Bestzeit heran kam, huschte Kriechmayr bereits ein erstes Grinsen übers Gesicht. Als dann auch noch der Norweger Kjetil Jansrud, der Weltcupsieger in dieser Disziplin, mit Startnummer 15 hinter ihm landete, ballte der Oberösterreicher schon optimistisch die Siegerfaust. „Er ist ein verdienter Sieger“, meinte Jansrud.
Es ist kein Zufall, dass Vincent Kriechmayr der erste Sieg in einem Super-G gelang. In dieser Disziplin hatte er zuvor alle seine drei Podestplätze erreicht. „Weltcupsieger klingt toll. Natürlich hatte ich Glück mit dem Licht. Aber man muss es auch umsetzen. Das Grinsen wird mir nicht vergehen.“
Es braucht schon einiges, dass es Cornelia Hütter einmal die Sprache verschlägt. Die Steirerin ist eine Frohnatur durch und durch und trägt ihr Herz normal auf der Zunge. Als auf der Anzeigetafel im Zielraum in Lake Louise neben ihrem Namen der Einser aufblinkte, war’s dann aber auch um sie geschehen. „Keine Ahnung, mir fehlen komplett die Worte“, stammelte die Steirerin. „Aber es ist so schön.“
Mit vielem war in der ersten Saisonabfahrt der Damen in Kanada zu rechnen, dass dann aber Cornelia Hütter bei ihrem Comeback-Rennen nach einem Kreuzbandriss sofort zuschlagen würde, daran glaubte nicht einmal die 25-Jährige selbst so richtig. „Ich habe schon gewusst,dass ich schnell Skifahren kann, aber ich wir mir nicht sicher, ob ich es im Rennen auf die Piste bringe. Das ist einfach der Wahnsinn“, sagte die Steirerin nach ihrem zweiten Weltcupsieg, dem ersten in einer Abfahrt.
Und trotzdem war Cornelia Hütter als Gewinnerin nicht die einzige Läuferin, die am Freitag in den kanadischen Rocky Mountains im Rampenlicht stand. Einmal mehr drehte sich in Lake Louise fast alles um Lindsey Vonn, die auf dieser Piste 18 ihrer 77 Weltcupsiege einge- 1. 2. Tina Weihrather (LIE) 3. Mikaela Shiffrin (USA) 4. Elena Fanchini (ITA) 5. Jacqueline Wiles (USA) 6. Sofia Goggia (ITA) 7. Viktoria Rebensburg (GER) 8. Michelle Gisin (SUI) 9. Lara Gut (SUI) 10. Breezy Johnson (USA) 12. 13. Ramona Siebenhofer (AUT)
. Ester Ledecka (CZE) fahren hat. Auf dem Weg zu ihrem 19. Erfolg auf ihrer Lieblingsstrecke fabrizierte die US-Amerikanerin einen kapitalen Sturz. Doch Vonn, der es das rechte Knie bedenklich verdreht hatte, rappelte sich nach einigen Minuten wieder auf und fuhr sogar auf den Skiern ins Ziel. Ob die 33-Jährige heute in der Abfahrt an den Start gehen kann, ist ungewiss.
Starke Shiffrin
„Ich hab’ bei dem Sturz nicht hinschauen können“, gestand Cornelia Hütter.Und auch ihrer Teamkollegin Anna Veith ging der Ausritt der US-Amerikanerin nahe. „Ich bin einfach nur froh, dass ich gesund herunten bin“, sagte die 28-jährige Salzburgerin, die wie Hütter das erste Rennen nach einer Knie-Operation bestritt und 21. wurde. „Ein bisschen Unsicherheit war dabei.“
Die Souveränität in Person war indes Mikaela Shiffrin: Die beste Slalomläuferin der Gegenwart entwickelt sich mehr und mehr zur Allrounderin und sammelt inzwischen auch in den Speedbewerben fleißig Punkte. In ihrer dritten Abfahrt raste die US-Amerikanerin hinter Tina Weirather auf den dritten Rang. „Es ist verrückt.“
Cornelia Hütter hätte es nicht besser sagen können.