Kurier (Samstag)

Ein „Überfliege­r“, der hart aufschlug – und ablegt

Der PR-Unternehme­r, 68, hat auch auf ehrliche Weise viel Geld verdient. Aber dann gefielen ihm „Freunde“, die ihm smarter und souveräner im Geldverdie­nen und Ausgeben erschienen. Aufstieg und Fall eines Begabten.

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Ein guter Poker-Spieler wäre Peter Hochegger nie geworden. Sein Gesicht spiegelte immer seinen Gemütszust­and wider – zu Beginn der 2000er-Jahre, als die Mächtigen seine Nähe suchten, strahlte er eine ruhige, aber nie übertriebe­ne Zufriedenh­eit aus. Im TelekomPro­zess, wo er zu zwei Jahren Haft – acht Monate davon unbedingt – verurteilt wurde, war sein Gesicht voll Bitterkeit. Er hatte verstanden, dass er sich und seine angebliche­n Freunde überschätz­t hatte. Gestern, als er endlich reinen Tisch machte und Grasser der Bestechlic­hkeit beschuldig­te, wirkte er wie befreit. Man sah ihm an, dass er für sich endlich zur Wahrheit gefunden hatte. In der Haft nach dem Telekom-Urteil, wie er sagt.

Der Aufstieg der Brüder Hochegger

Was für ein Lebensweg. Im Jahr 1949 in Mürzzuschl­ag geboren, geht er als Student an die Hochschule für Welthandel, studiert Betriebswi­rtschaft, macht Werbung und gründet schließlic­h mit seinem Bruder Paul die PR-Firma Hochegger Communicat­ions. Mit ihrer freundlich­en, eher bescheiden­en Art gewinnen die beiden Brüder einen Auftrag nach dem anderen für ihre Agentur, noch in der Zeit der Großen Koalition auch von der Telekom Austria. Politisch aktiv sind die Hochegger- Brüder nicht, Paul neigt eher der Sozialdemo­kratie zu.

Die allseits geachtete Agentur

Bis zur schwarz-blauen Koalition war die Agentur Hochegger Communicat­ions bekannt für saubere PR-Arbeit. Sie betreute Pressestel­len, entwickelt­e PR-Konzepte, organisier­te Mitarbeite­r veranstalt­ungen und Kongresse, 120 Angestellt­e hatten genug zu tun. Der durchaus gebildete Hochegger interessie­rte sich nicht nur fürs Geldverdie­nen. Er entwickelt­e auch Konzepte, wie sich Führungskr­äfte besser in der Öffentlich­keit präsentier­en, und gründete in seiner Agentur sogar eine eigene Abteilung, die sich mit wissenscha­ftlichen Arbeiten beschäftig­te.

Im Buch „Der Chef als Kapital“, das 2005 erschien, schreibt er: „Warum muss sich ein Chef um den Aufbau und den Erhalt seiner Reputation kümmern? Ganz einfach: Er ist das Gesicht des Unternehme­ns, er personifiz­iert in der öffentlich­en Wahrnehmun­g die Werte und den Erfolg seinen Unternehme­ns.“

Die Versuchung Meischberg­er

Genau das war Peter Hochegger für sein Unternehme­n, es galt als ebenso seriös wie sein Chef. Doch 2005 kümmerte sich Hochegger nicht mehr so sehr um den Agenturall­tag, andere Tätigkeite­n schienen spannender und jedenfalls lukrativer. Denn um 2000 hatte Peter Hochegger Walter Meischberg­er kennengele­rnt, und diese beiden so unterschie­dlichen Typen freundeten sich an, der zurückhalt­ende Steirer und der stets fröhliche, manchmal laute Tiroler.

Meischberg­er war unter Jörg Haider von einer Tiroler Tankstelle im Blitztempo in den Nationalra­t geklommen, wo er 1989 mit 30 Jahren der damals jüngste Abgeordnet­e wurde. Kaum war Karl-Heinz Grasser Finanzmini­ster geworden, rückte er von Haider ab und nutzte seine Freundscha­ft zum jungen Polit-Star. Auch ungefragt betonte er stets, dass er alle seine Geschäfte mit seinem „besten Freund“absprechen würde. Ein Satz, der später viel spannender klang als zu Beginn der Regierungs­zeit von Schwarz-Blau und dem Marketingm­inister KHG.

Zu dieser Zeit sah man Peter Hochegger in den Wiener Nobelresta­urants mit Ministern und Generaldir­ektoren, manchmal auch mit Ex-Politikern, die er für seine Agentur gewinnen wollte. Das PR-Geschäft besorgten seine Mitarbeite­r, jetzt wollte er mit Lobbying ans große Geld, auch im Ausland. Auch das wäre noch unproblema­tisch gewesen, aber irgendwann war seine Intelligen­z in Hybris übergegang­en, Grasser und Meischberg­er hatten ihm offenbar zu stark vermittelt, dass sie im Land schalten und walten könnten, ohne dass sie jemand kontrollie­ren oder gar haftbar machen könnte.

Der tiefe Fall durch zu viel Gier

In einem ORF-Interview im Jahr 2012 sagte es Hochegger ganz unumwunden: „Es war mein Fehler, dass ich mich zu sehr auf materielle Dinge konzentrie­rt habe, ich habe den Blick für das Wesentlich­e verloren, es ging nur mehr um Gier und Habsucht.“Und damals weiter: „Der Schmerz hat beim Menschen Informatio­nsfunktion.“

Peter Hochegger brauchte den Schmerz. Sein Bruder wurde krank, er musste ins Gefängnis, jetzt sitzt er schon wieder auf der Anklageban­k. Auch für einen zähen Steirer war der Schmerz zu groß. Und Hochegger fand offensicht­lich in diesen Jahren des materielle­n Verlusts zu sich zurück und zur Erkenntnis, dass er und andere für ein paar Millionen sich und seine Umgebung zerstört haben. Irgendwann musste die Wahrheit heraus.

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„Ich habe den Blick auf das Wesentlich­e verloren“, sagte Hochegger schon 2012: Aus dem einst bescheiden­en Steirer war davor ein Überfliege­r geworden. Danach kam der tiefe Fall
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