Kurier (Samstag)

„Im Moment sind wir am Karriere-Gipfel“

Manfred Schmid ist seit Jahren der Assistent von Stöger und auch in Dortmund an dessen Seite

- – ALEXANDER STRECHA

Sein Transfer hätte kurioser nicht sein können, vollzog er sich doch im Krankenhau­s. Manfred Schmid legte sich nach der Trennung vom 1. FC Köln ins Spital, um sich endlich die längst überfällig­e künstliche Hüfte einsetzen zu lassen. Zur Ruhe kam er aber nicht, denn schon wenige Tage nach der Operation bekam er einen richtungsw­eisenden Anruf von seinem „Chef“Peter Stöger. Vom Krankenbet­t aus heuerte der 46jährige Wiener bei Borussia Dortmund an, wo er offiziell mit 1. Jänner 2018 seine Arbeit antreten darf. Denn der Auflösungs­vertrag mit Köln läuft noch bis Jahresende. Zumindest den Dortmund-Trainingsa­nzug hat er sich abgeholt und anprobiert.

Manfred Schmid ist schon seit vielen Jahren der treue Assistent von Stöger, er genießt das volle Vertrauen des Trainers. Gemeinsam führten sie die Austria zum Meistertit­el, danach Köln in die erste

deutsche Bun- desliga und in den Europacup. Das erste Spiel von Dortmund verfolgte „Manni“, wie er in Deutschlan­d genannt wird (Wiener Freunde rufen ihn seit jeher „Schmidl“), daheim vor dem Fernseher auf Krücken. KURIER: Wie ungewöhnli­ch war Ihr Dortmund-Debüt vor dem TV? Manfred Schmid: So nervös wie diesmal war ich noch nie, weil man sich irgendwie ohnmächtig fühlt. Auf der Bank im Stadion kann man etwas beeinfluss­en und sich einbringen. Aber ich war bis knapp vor dem Spiel in ständigem Kontakt mit Peter Stöger. In dieser nicht leichten Situation war es eine ordentlich­e Leistung der Mannschaft. Trennung von Köln, Spitalsauf­enthalt, neuer Arbeitgebe­r Dortmund: Waren für Sie die letzten Wochen so verrückt, wie sie wirken?

Es war eine Berg- und Talfahrt. Der Abschied aus Köln war emotional nach viereinhal­b Jahren, da sind

Tränen geflossen. Dann folgten die Hüftoperat­ion und der Anruf von Peter vergangene­n Samstag. Was hat er gesagt?

Dass er soeben in Wien gelandet ist und Dortmund sich bei ihm gemeldet hat. Wir würden eine neue Chance bekommen. Das hat den Heilungspr­ozess gleich beschleuni­gt, weil die Aufgabe unglaublic­h interessan­t ist. Da habe ich den Ärzten Druck und ein paar Reha-Übungen mehr gemacht. In der Klinik bin ich die Stiegen rauf- und runtergega­ngen, weil sich meine Stimmung von 0 auf 100 beschleuni­gt hatte. Was macht Ihre Zusammenar­beit mit Peter Stöger aus?

Das totale Vertrauen, der Respekt, die Offenheit und Ehrlichkei­t. Wir haben miteinande­r gespielt, wir kennen uns lange und sind Freunde geworden. Er lässt einen viele Dinge machen und übergibt Aufgaben. Dazu kommen die Freude am Fußball und die Leidenscha­ft. Uns beiden ist wichtig, dass man bei der Ar- beit nie den Spaß verliert. Spieler und Trainer sollen täglich gerne zum Job kommen. Was macht eigentlich Peter Stöger als Trainer aus?

Sein Umgang mit den Menschen. Eine seiner größten Stärken ist es, sich in Menschen hineinvers­etzen zu können, also die Empathie. Es gibt bei ihm so gut wie nie Kurzschlus­s-Handlungen, ebenso keine persönlich­en Eitelkeite­n. Er kann Stars führen und mit ihnen umgehen, er kann intern Aufgaben delegieren. Welche Eigenschaf­t haben Sie, die Peter Stöger fehlt?

Pah, keine Ahnung. Können Sie besser Videos zusammensc­hneiden?

Das könnte er doch genauso, nur bleibt ihm dazu als Cheftraine­r einfach keine Zeit. Ich bin vielleicht als Typ ein wenig emotionale­r und kritischer. Ansonsten fällt mir wirklich kein Beispiel ein. Ich denke, wir ergänzen uns. Und wir lieben das, was wir machen. Wie lebt es sich als Schattenma­nn von Peter Stöger?

Ich fühle mich in dieser Position wohl und habe nicht das Gefühl, dass ich in der zweiten Reihe stehe. Peter gibt einem nicht das Gefühl, dass er der alleinige Chef ist. Dennoch traue ich mir zu, irgendwann Cheftraine­r zu sein. Aber aktuell gefällt mir meine Rolle. Wenn Sie einen Rückblick auf die vergangene­n Jahre wagen – können Sie das eigentlich alles glauben?

So einen Werdegang kann man nicht planen. Hätte mir jemand das gesagt, als ich noch in der AustriaAka­demie tätig war, ich hätte wahrschein­lich nur laut gelacht. Befinden Sie sich aktuell am Höhepunkt Ihrer Karriere?

Gute Frage. Im Moment sind wir sicher am Karriere-Gipfel. Aber wir können nicht behaupten, dass wir schon alles geschafft haben.

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Richtungsw­eisend: Stöger steht als Chef im Blickpunkt
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Anprobe: Schmid holte sich im Hotel schon die DortmundUn­iform ab

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