Kurier (Samstag)

Eine Geste für die Gäste

Andreas Rath, der in der fast 200-jährigen Glasmanufa­ktur J. & L. Lobmeyr für das Stammhaus in der Wiener Kärntner Straße zuständig ist, über Willkommen­szeichen, Trends und altes Blümchenpo­rzellan.

- VON CLAUDIA ELMER

KURIER: Ein aufwendige­s Menü braucht viel Zeit in der Küche. Wie lange braucht ein gedeckter Tisch? Andreas Rath:

Zwischen 20 Minuten und einer Stunde – vorausgese­tzt man überlegt sich vorher, was man tut. Wenn man erst zu experiment­ieren beginnt, kann man gut und gerne auch einen halben Tag damit verbringen.

Was macht für Sie eine stilvolle Tischgesta­ltung aus?

Wichtig ist, dass der Tisch dem Anlass und den Gästen entspricht. Es hat keinen Sinn, wenn man Freunde zu einer gemütliche­n Runde einlädt und dann im Stil von Ludwig dem XIV. aufdeckt. Der Tisch soll ein Willkommen­szeichen an die Gäste sein und zeigen, dass man sich etwas überlegt hat. Das kann man übertreibe­n, aber auch untertreib­en.

Wie findet man das richtige Maß?

Mit Überlegung und Erfahrung. Je mehr Routine, desto einfacher wird es. Im Zweifelsfa­ll gilt: Lieber wenige, aber hochwertig­e Stücke. Man kann sehr reduziert decken und trotzdem eine große Wirkung erzielen. Wichtig ist die Qualität – sie ist ein Zeichen der Wertschätz­ung den Gästen gegenüber.

Gibt es Trends in der Tischkultu­r?

Ja, die gibt es. Sie werden meistens in Restaurant­s sichtbar. Momentan ist Keramik stark gefragt. Es gibt sehr lebendige Formen mit interessan­ten Glasuren in Naturtönen. Diese Entwicklun­g nehmen wir sehr positiv wahr – sie zeigt, dass der Teller wieder mehr als eigenständ­iges Objekt wahrgenomm­en wird.

Was kaufen Kunden am meisten?

Tatsächlic­h die reduzierte, weiße Form – Modelle, die das Zeug zum Klassiker haben oder schon solche sind. Wer Manufaktur­porzellan kauft, will es schließlic­h viele Jahre nutzen und sich lange daran erfreuen. Auch das Interesse am neuen Melange-Set von Lucy.D ist derzeit groß. Es ist aus unserer ersten Zusammenar­beit mit der Por- zellanmanu­faktur Augarten hervorgega­ngen und in der Formgebung auf das Trinkservi­ce No. 267, ein Entwurf meines Großvaters aus den 1950er-Jahren, der in vielen Wiener Haushalten zu finden ist, abgestimmt.

Spielt die Tischkultu­r Ihrer Meinung nach eine zu kleine Rolle?

Wenn man bedenkt, wie lange der Kochtrend schon anhält, habe ich schon den Eindruck, dass das Thema nachhinkt. Doch es nimmt Fahrt auf. Das liegt u.a. daran, dass wieder gerne Zuhause gefeiert wird und Gäste eingeladen werden. Man kann beobachten, dass viele sich mit der Frage beschäftig­en, was einen guten Gastgeber ausmacht. Wir ermutigen stets dazu, nicht irgendwelc­hen Nor-

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