Knigge für WhatsApp-Gruppen
Damit es keine Unstimmigkeiten gibt: Ein Leitfaden für den beliebten Handy-Gruppenchat
Manchmal fragt sich Martina, wie sie ihren Familienalltag vor der Ära WhatsApp organisiert hat. Alle paar Minuten bimmelt das Smartphone der 40-jährigen Dreifachmama: Dagibt es eine Gruppe für den Fußballverein ihres Ältesten, für die Elternvertreter der Schule, für den Kindergarten der Tochter, für die anstehende Erstkommunion. Und eine, in der die Eltern „Playdates“für ihre Kleinen arrangieren.
Auch immer mehr Senioren wollen via WhatsApp mit ihren Freunden und Familienmitgliedern in Kontakt blieben. Die VHS Penzing hat auf den Trend nun reagiert und bietet ab April WhatsApp-Kurse für über Sechzigjährige an. „Senioren wollen auf diese Art ihr soziales Leben erweitern, ohne dass sie physisch aktiv werden müssen“, erzählt EDV-Trainer und Kursleiter Christian Lahner. Omas und Opas möchten über Gruppenchats am Leben ihrer Enkel teilhaben, Fotos schicken und empfangen. „Der Bedarf ist auf jeden Fall riesig“, sagt Lahner.
Eine Milliarde User
Wir simsen nicht mehr, wir whatsappen, konstatierte der britische Guardian kürzlich. Gegründet vor acht Jahren von zwei ehemaligen YahooMitarbeitern in Kalifornien, avancierte der Messengerdienst („WhatsApp“ist eine Abwandlung der englischen Begrüßungsfloskel „What’s up?“) rasch zum wichtigsten Kommunikationstool mit Freunden und Familie, aber auch Mitschülern und Kollegen. Mehr als eine Milliarde Menschen in mehr als 180 Ländern nützt die App mittlerweile – und wohl jeder von ihnen ist Mitglied in mindestens einem Gruppenchat. Bis zu 256 Personen können auf diese Weise miteinander kommunizieren, Fotos, Videos und Sprachnachrichten verschicken, das Geschenk für die Kindergartenleiterin organisieren oder Erinnerungen an die letzte Partynacht austauschen.
So wie Teresa, Anfang 20: Sie ist Mitglied in zwölf Gruppenchats, unter anderem mit ihren WG-Kollegen, ihrem engen Freundeskreis, ihrem erweiterten Freundeskreis, einer Lerngruppe und den drei Mädels, mit denen sie sich ab und zu zum Laufen verabredet. In der „Family“-Gruppe hält sie Mama und Papa über das Studentenleben in Wien auf dem Laufenden (meistens zumindest).
Psychologie
Auch die Forschung beschäftigt sich mit dem Phänomen WhatsApp-Gruppen. Sarah Buglass, Professorin für Sozialpsychologie an der Nottingham Trent University, kam in einer Studie zu dem Schluss, dass Gruppenchats das Gemeinschaftsgefühl und den Selbstwert stärken. „WhatsApp bedient unser ureigenes Bedürfnis nach Zugehörigkeit“, sagt die Psychologin.
„Das Spannende ist, dass es sich dabei nicht mehr um ein reines Jugendkulturphänomen handelt“, berichtet Matthias Rohrer, Experte für Jugendkommunikation am Institut für Jugendkulturforschung. „In unseren Forschungen stellen wir fest, dass zunehmend alle Generationen auf WhatsApp sind. Man hat jetzt also Familiengruppen, in denen Oma und Opa vertreten sind.“Daher haben die Experten für das Kommunikationstool intern ihren eigenen Namen gefunden: „Generationen-App“.