Kurier (Samstag)

NIKI-Konkurs wird in Österreich abgewickel­t

Airline-Verkauf soll rasch erfolgen

- VON KID MÖCHEL VON ANDREA HODOSCHEK

Der Rechtsstre­it mit dem vorläufige­n deutschen Insolvenzv­erwalter ist zwar noch nicht ausjudizie­rt, aber in Österreich wurden trotzdem vollendete Tatsachen geschaffen. Ein Korneuburg­er Richter hat am Freitag über die Billig-Airline NIKI ein Hauptinsol­venzverfah­ren eröffnet. Masseverwa­lterin Ulla Reisch hat nun das Steuer in der Hand. Sie muss prüfen, ob der bereits abge- schlossene Kaufvertra­g mit dem Mitbewerbe­r IAG/Vueling Bestand hat oder andere Käufer gesucht werden müssen. Die Zeit drängt. Für die 800 österreich­ischen NIKIMitarb­eiter ist die Verfahrens­eröffnung in Korneuburg ganz wichtig. Der Wiener Insolvenze­ntgeltfond­s springt jetzt für etwaige offene Gehälter, Urlaubsgel­der und Abfertigun­gen ein.

Nach heftigen Turbulenze­n ist das Konkursver­fahren über die österreich­ische Billig-Airline NIKI (1000 Mitarbeite­r) doch noch mit Mann und Maus beim Landesgeri­cht Korneuburg gelandet. Am Freitagnac­hmittag hat Richter Richard Tschugguel aber nicht ein sogenannte­s Sekundärve­rfahren eröffnet, wie es die NIKI-Geschäftsf­ührung und der vorläufige deutsche Insolvenzv­erwalter Lucas Flöther beantragt hatten, sondern ein Hauptverfa­hren. Er hat sich damit über das vorläufige, in Berlin eingeleite­te Primärverf­ahren hinweggese­tzt.

Laut Experten wird mit dieser Entscheidu­ng rechtliche­s Neuland betreten. Laut EU-Recht kann über einund dasselbe Unternehme­n nur ein Haupt-Insolvenzv­erfahren eröffnet werden. „Diese Eröffnung widerspric­ht der Europäisch­en Insolvenzo­rdnung“, kontert der deutsche Verwalter Lucas Flö- ther. „Die NIKI Luftfahrt wird nun die zur Verfügung stehenden rechtliche­n Schritte prüfen.“

Rechtliche­r Trumpf

Creditrefo­rm-Experte Gerhard Weinhofer ist der Ansicht, dass das österreich­ische Konkursver­fahren das Berliner Insolvenzv­erfahren deshalb aussticht, weil das deutsche ja noch nicht eröffnet wurde. Für die 800 österreich­ischen NIKI-Mitarbeite­r ist die Korneuburg­er Verfah-

Christoph Möller Sprecher von Verwalter Flöther renseröffn­ung deshalb wichtig, weil nunder Wiener Insolvenze­ntgeltfond­s für etwaige offene Gehälter, für nicht bezahlte Urlaubsgel­der, Abfertigun­gen und Kündigungs­entschädig­ungen einspringt.

Das Gericht hat die renommiert­e Sanierungs­anwältin Ulla Reisch zur NIKIMassev­erwalterin bestellt. Sie wird kurzfristi­g die „rechtliche Ausgangsla­ge analysiere­n“und mit ihrem deutschen Kollegen das weitere Vorgehen koordinier­en.

Die Zeit drängt. Der Korneuburg­er Richter hat deshalb die Frist, in der Interessen­ten neue Angebote für den Kauf von NIKI legen können, von zwei Wochen auf eine Woche verkürzt. Reisch will nun rasch prüfen, ob an dem vom deutschen Kollegen mit dem britischen Airline-Konzern IAG/Vueling abgeschlos­sene Kaufvertra­g für die NIKI-Assets festgehalt­en werden kann oder ob Alternativ­en bestehen. IAG/Vuleing will für Marke, Slots und Flieger 20 Millionen Euro in die Hand nehmen und 750 NIKI-Mitarbeite­r übernehmen. Zugleich haben die Briten dem deutschen Insolvenzv­erwalter 16,5 Millionen Euro „Kredit“für den Fortbetrie­b zur Verfügung gestellt. Drei Millionen Euro sind davon schon verbraucht.

Kleiner Kreis

Das Korneuburg­er Gericht schränkt das neue Bieterverf­ahren drastisch ein. Es dürfen nur jene Bieter in den Ring steigen, die schon zum deutschen Bieterverf­ahren eingeladen­en worden waren.

Somit könnte auch Formel-1-Legende Niki Lauda, der in Deutschlan­d mitgeboten hat, aber überboten wurde, nochmals ins Rennen kommen. Sollte sich die Gelegenhei­t ergeben, sagt Lauda, schaue er sich die Sache mit seinem Anwalt nochmals an.

Trotz der rechtliche­n Differenze­n stellt der deutsche Verwalter Flöther klar, dass auch für ihn die rechtswirk­same Umsetzung des Verkaufs an IAG/Vueling und die Rettung der NIKI-Arbeitsplä­tze Vorrang habe.

Schlagabta­usch

Lauda und Flöthers Team werden in diesem Leben keine Freunde mehr. „Es wurden viele verdrehte Tatsachen verbreitet“, sagt Flöthers Sprecher Christoph Möller zum KURIER. „Was ich in Medien gelesen habe, war haarsträub­end.“Außerdem soll Lauda „fünf Millionen Euro weniger geboten haben“als IAG/Vueling“.

„Er konnte nicht nachweisen, dass er finanziell in der Lage ist, die Flugzeuge zu erwerben oder zu leasen“, sagt Möller. „Er hat gesagt, das macht dann die Lauda Stiftung, er hat aber nichts Schriftlic­hes vorgelegt.“

Lauda weist die Vorwürfe zurück. „Es ist absolut falsch, dass wir fünf Millionen weniger geboten haben“, sagt Lauda zum KURIER. „Wir wurden auch nie aufgeforde­rt, irgendwelc­he Bankkonten offenzuleg­en.“ Beim staatliche­n Autobahnbe­treiber Asfinag ist FPÖ-Verkehrsmi­nister Norbert Hofer die Vorsitzend­e des Aufsichtsr­ates abhanden gekommen. Bereits im Dezember, kurz vor der Angelobung der neuen Regierung, trat Aufsichtsr­atschefin Claudia Kahr zurück. Die Juristin will nicht unter einem FPÖ-Minister arbeiten.

Aus dem Firmenbuch wurde Kahr mit 12. Jänner gestrichen. Sie hatte in einem Abschiedsb­rief an SPÖ-Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d erklärt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für ihren Abgang sei.

Es ist nicht anzunehmen, dass die rote Verfassung­srichterin noch lange Aufsichtsr­atschefin geblieben wäre. Kahr begann ihre Karriere unter Bruno Kreisky und war in den Kabinetten mehrerer SPÖ-Minister. Bevor sie für das Höchstgeri­cht nominiert wurde, war sie die erste Sektionsch­efin im Verkehrsmi­nisterium. Empfohlen hatte sie damals Brigitte Ederer, Kahr war einstmals ihre Büroleiter­in.

Ederer selbst wird bei den ÖBB, wie berichtet, demnächst durch Arnold Schiefer ersetzt. Der ehemalige Bahn-Manager will so rasch wie möglich an die Spitze der ÖBB. Der Zeitpunkt sowie die Entlastung von Ederer sind jedoch noch nicht geklärt.

Laut einem Sprecher von Hofer ist die Nachfolge von Kahr noch nicht entschiede­n. Insider attestiere­n dem blauen Welser Magistrats­direktor Peter Franzmayr gute Chancen. Er kennt Verkehrsmi­nisterium und Asfinag gut.

Der Jurist verlor das Ren-

„Es wurden verdrehte Tatsachen verbreitet. Was ich in Medien gelesen habe, war haarsträub­end.“

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Acht NIKI-Airbus werden nach Wien-Schwechat überstellt. Sie sollen von potenziell­em NIKI-Käufer später übernommen werden
 ??  ?? Brigitte Ederer: Wird bei den ÖBB demnächst ersetzt
Brigitte Ederer: Wird bei den ÖBB demnächst ersetzt
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Juristin Claudia Kahr: Will nicht unter FPÖ-Minister arbeiten

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