Unbeugsame im Mega-Ressort
Die vielen Agenden könnte für die FP-Frau zumHimmelfahrtskommando werden
Rein optisch war der Auftritt ohne Makel. Beate HartingerKlein trug roten Blazer und ein schwarzes Shirt, die Haare waren hochgesteckt, das Make-up tadellos.
So weit war am Dienstag im ORF- Studio alles im Lot.
Doch dann kam der Satz, densie nach einer Minute und 35 Sekunden sagte: „Ich will keine Zahlen nennen.“
Zweieinhalb Minuten später kommt er erneut. „Ich will keine Zahlen nennen.“Und wieder. Und wieder.
Vier Mal musste die neu bestellte Sozialministerin in dem zehnminütigen ReportInterview sagen, dass sie nichts sagt. Gemessen an den Regeln der politischen Kommunikation ist das seltsam. Warum stellt man sich vors Mikro, wenn man nichts zu verkünden hat?
Tatsächlich erzählt der Auftritt der Steirerin aber viel darüber, wie sie tickt, was sie treibt. „Sie ist grundsätzlich ehrgeizig, hat ein tiefes soziales Empfinden und ist überzeugt, dass man Gelegenheiten zumGespräch selbst dann nutzen soll, wenn sie wenig attraktiv erscheinen“, sagt ein FPÖ-Stratege.
Tatsächlich hat sich die frühere Controllerin selbst bei politisch Andersdenkenden den Ruf der sachorientierten Arbeiterin erworben, die mit dem deutsch-nationalen Flügel der FPÖ eher wenig am Hut hat.
„Sie ist eine Eisenbahnertochter, wurde in einem sozialdemokratischen Umfeld sozialisiert. Das spürt man bis heute“, sagt etwa der frühere Chef der Wiener Gebietskrankenkasse Franz Bittner. Der SPÖ-Funktionär kennt Hartinger-Klein aus der Sozialversicherung und attestiert ihr Kompetenz in Fachfragen sowie Lern- und Kritikfähigkeit. „Als ich Chef der Wiener Gebietskrankenkasse war, hat sie Wiens Gesundheitspolitik scharf kritisiert.“Daraufhin habe er, Bittner, sie eingeladen. „Wir haben einen Abend lang über die Sa- che diskutiert. Danach sah sie manches differenzierter. Das ist ihr hoch anzurechnen.“
Warum ist HartingerKlein bei der FPÖ? Bittner erklärt das so: „Die Freiheitlichen und Jörg Haider haben ihr eine Karriere ermöglicht.“
Riesen Ressort
„Karriere-bewusst“ist ein Adjektiv, das oft fällt, wenn Wegbegleiter Beate HartingerKlein beschreiben sollen.
So gesehen ist es nur konsequent, dass sich die bald 60Jährige ein Ministerium zutraut, das mit den Bereichen Gesundheit, Soziales, Pensionen, Arbeitsmarkt, Pflege und Konsumentenschutz ein breites Spektrum an streitbaren Materien birgt.
„Das Ressort ist aufgrund seiner Größe extrem anspruchsvoll. Aber die Zusammenführung von Pflege- und Gesundheitsagenden ist ein kluger Schritt“, sagt Ex-Sozialminister Erwin Buchinger.
Ähnlich sieht die Sache Günter Dörflinger. Der TopManager war viele Jahre SPÖ-Gesundheitslandesrat in der Steiermark und kennt Hartinger-Klein seit Jahrzehnten. „Sie war Controllerin und ist vermutlich auch deshalb jemand, der gerne ins Detail geht.“
In ihrer neuen Funktion ist das bedingt möglich. „Weil die Arbeitstage nicht 80, 90 Stunden haben.“
Dörflinger beschreibt seine Landsfrau als „fachlich be- schlagene“Expertin, die ideologisch keinen Hang ins Extremehabe, sich mitunter aber „streitbar“zeige. Und zwar immer dann, wenn sie sich mit einem Thema beschäftigt und sich eine umfassende Meinung gebildet habe.
In Ansätzen war das in den ersten Wochen ihrer Amtszeit zu sehen. Wissend, dass die ÖVP manches anders sieht , erklärte Hartinger-Klein mehrfach, man dürfe Langzeitarbeitslosen nicht das letzte Ersparte abnehmen.
Dörflinger glaubt, dass sich die neue Ministerin in ihrer Funktion „nicht sonderlich verbiegen“lässt. Für manche in der Regierung muss das beinahe wie eine Drohung klingen.