Geschäftsführer haftet für Schäden
Überschreitung der gewerberechtlichen Befugnisse kann teuer werden
Was passieren kann, wenn ein Unternehmen den Umfang seiner Gewerbeberechtigung überschreitet, zeigt ein aktueller Entscheid des OGH. Anlassfall waren Arbeiten einer Deichgräber GmbH. Die Gesellschaft hat für ein Kleingartenhaus in Wien auf einem Hanggrundstück eine Baugrube ausgehoben, die tiefer als 1,25 Meter war. Nun muss man wissen, dass dieses freie Ge- werbe der Gesetzgebung (Gewerbeordnung) nach, aus statischen und sicherheitstechnischen Gründen nicht tiefer als besagte 1,25 Meter graben darf. Es kam wie es kommen musste – die Grabungsarbeiten lösten einen Hangrutsch aus, die Baupolizei wurde zu Hilfe gerufen und ließ als Sicherungsmaßnahme die Baugrube mit Beton verfüllen. Diese Sicherungsarbeiten selber verursachten Kosten, die fachgerechte Entfernung des Betons im Anschluss aber noch weit mehr – insgesamt belief sich der Schaden auf über 224.000,- Euro.
Die Klage
Um nicht auf diesen Kosten sitzen zu bleiben, klagten die Auftraggeber. Beklagt wurde nicht nur die GmbH, sondern auch der handelsrechtliche und gewerberechtliche Geschäftsführer persönlich. Am Ende eines langen Instanzenweges – das Unglück passierte im Oktober 2012 – fällte der Oberste Gerichtshof Ende September diesen Jahres sein Urteil: „Der Deichgräber darf keine Erdarbeiten ausführen, für die statische Kenntnisse erforderlich sind. Der gewerberechtliche Geschäftsführer ist nach dem Gesetz (Gewerbeordnung) sowohl der Behörde als auch dem Gewerbeinhaber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Dazu zählt vor allem auch die Verantwortung für die unbefugte Ausübung eines anderen Gewerbes, also für die Überschreitung der Gewerbebe- rechtigung. Die in § 39 GewO normierte zivilrechtliche Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers gegenüber dem Gewerbeinhaber ist auf geschädigte Dritte (Kunden) zu erstrecken.“
Bis dato konnte davon ausgegangen werden, dass ein gewerberechtlicher Geschäftsführer nur der Gewerbebehörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Bestimmungen verantwortlich ist. Ein Schadenersatzanspruch war dieser Diktion folgend daher auszuschließen. Das aktuelle Urteil wertet den § 39 GewO aber auch als Schutzgesetz. Unbefugte, von der Gewerbeberechtigung nicht gedeckte Tätigkeiten müssen unterbleiben. Das Gebot der Einhaltung der Grenzen der Gewerbeberechtigung soll nach seinem klar erkennbaren Zweck sicherstellen, dass für die Ausübung des Gewerbes die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vorliegen und auf mangelnde Sachkunde zurückzuführende Gefahren vermieden werden. Das Gebot zur Gefahrenabwehr soll gerade den von der Gewerbeausübung unmittelbar Betroffenen, in der Regel also den Kunden, vor Schäden schützen.
Das OGH Urteil bedeutet also, dass bei Verletzung eines Schutzgesetzes der Beklagte – im beschriebenen Anlassfall auch der gewerberechtliche Geschäftsführer – für alle Nachteile, die bei Einhaltung des Schutzgesetzes nicht eingetreten wären, haftet. Der Ordnung halber sei auch er- wähnt, dass sich der Deichgräber bei seinen Arbeiten auf ein vom Kunden beigestelltes baugeologisches Gutachten verlassen hatte. Das Gericht erkannte diesen Umstand zum Teil an (1 Drittel der Schuld liegt beim Kläger – 2 Drittel bei den Beklagten), verwies aber darauf, dass der Deichgräber erkennen hätte können, dass die Bodenbeschaffenheit nicht der im baugeologischen Gutachten angeführten Beschaffenheit entsprach und die im Gutachten vorgesehenen Maßnahmen zur Hangsicherung nicht ausreichten.