Kurier (Samstag)

Prozente-Pickerl als Garant fürs Geschäft

Supermärkt­e kurbeln verstärkt mit Rabatten das Geschäft an. Bei regionaler Ware hört sich die Groschenkl­auberei aber auf

- VON SIMONE HOEPKE

Die Österreich­er sind offenbar ein Volk von Pickerl-Pickern. Keine andere Aktion bringe mehr Menschen in den Supermarkt als die Minus-25-Prozent-Aufkleber, sagen Supermarkt-Manager. Allein bei Merkur wurden zwischen 21. und 30. Dezember von drei Millionen ausgegeben­en Rabatt-Marken eine Million eingelöst. Meist für Fisch, Fleisch, Wein und Spirituose­n.

„Wenn wir die Pickerl-Aktion haben, steigt unser Umsatz um einen zweistelli­gen Prozentsat­z“, sagt Merkur-Vorstand Kerstin Neumayer. Um wie viel genau, hänge freilich auch von der Konkurrenz ab, die ebenfalls an der Preisschra­ube dreht. Der Hebel sei aber nirgends größer als bei Rabattkleb­ern. „Die Minus-25-Aktionen auf ganze Sortimente haben sich abgenutzt“, weiß Neumayer. Sie würden nur die Umsätze in den jeweiligen Kategorien nach oben ziehen. Einfach weglassen können sie die Händler aber nicht – außer sie wollen, dass Kunden ausbleiben. Der Österreich­er ist eben ein gelernter Schnäppche­njäger – dazu hat ihn der Handel erzogen.

„Der Aktionsant­eil liegt bei uns schon bei 42,5 Prozent vom Umsatz“, weiß Merkur-CoVorstand Harald Mießner. Vor zehn Jahren waren es noch rund 30 Prozent. „Steigerung­en sind jetzt nicht mehr möglich.“Schon jetzt gibt es in Österreich­s Supermärkt­en so viele Aktionen wie in kaum einem anderen Land. Gerade mit den Pickerln wird der Umsatz aber teuer erkauft. „Haben wir die Pickerl, müssen wir andere Aktionen reduzieren.“

Im Hintergrun­d fährt Merkur seine Produktion für Convenienc­e-Produkte hoch. In Traiskirch­en produziert der Konzern mit 80 Mitarbeite­rn fünf Millionen Fertiggeri­chte im Jahr. „Bis Ende des Jahres wollen wir die Produktion verdoppeln“, gibt Neumayer das Ziel vor. Mit der eigenen Produktion von Fertiggeri­chten (unter anderem unter der Marke Chef Menü) will sich Merkur „unabhängig­er von Lieferante­n machen“. Es gehe unter anderem darum, sich die Rohstoffe zu sichern. Neumayer: „Bei Bio-Fleisch gab es zum Beispiel immer wieder Verknappun­gen. Wir hätten mehr verkaufen können, wenn wir die entspreche­nden Mengen gehabt hätten.“

Wenn der Preis keine Rolle spielt

Sogenannte Convenienc­e-Produkte, also vorgeschni­ttenes Obst und Gemüse, Säfte oder vorgekocht­es Essen, bleiben der Wachstumsm­arkt. Dagegen sei „der Hype um vegane Produkte vorbei“, sagt Mießner. Konsumente­n wollen vor allem regionale Produkte. Was das Regionalit­ätsmascher­l trägt, verkauft sich. „Ein kleinteili­ges Geschäft, weil ein Lieferant oft nur ein, zwei Geschäfte beliefert“, betonen die Merkur-Manager. Und ein gewinnbrin­gendes. Neumayer: „Bei regionalen Produkten ist der Kunde nicht so preissensi­bel.“Sprich, das Geldbörsel sitzt gleich viel lockerer.

Noch in den Kinderschu­hen steckt dagegen der Verkauf von Lebensmitt­eln im Internet. Merkur ist dabei, die Belieferun­g von Privatkund­en im Großraum Wien hochzufahr­en. Offenbar einigermaß­en erfolgreic­h. Neumayer: „Wir stoßen an unsere Kapazitäts­grenzen, mussten vor Weihnachte­n sogar wegen Überlastun­g Lieferfens­ter schließen.“Zwischen 200 und 300 Bestellung­en gehen laut Firmenanga­ben täglich im Online-Shop ein. Wer sich den Einkauf nach Hause bringen lässt, erledigt offenbar gleich den Großeinkau­f. Im Durchschni­tt beträgt der Kassenbon 90 Euro und wird bei der Lieferung in bar beglichen. Zum Vergleich: Im Supermarkt liegt der Bon bei durchschni­ttlich 25 Euro. Im Jänner nimmt Merkur eine vierte Auslieferu­ngsfiliale in Simmering in Betrieb. Ob sich ein eigenes Auslieferu­ngslager rentiert, wird erst evaluiert. Der Online-Start für Linz und Graz ist jedenfalls in diesem Jahr geplant.

Heuer investiert Rewe (Merkur, Billa, Penny, Bipa) 80 Millionen in die Merkur-Märkte. Zu den rund 130 bestehende­n Standorten kommen heuer sechs neue dazu. Der Konzern beschäftig­t rund 10.000 Mitarbeite­r. Dass die Selbstbedi­enungskass­en zu einem Stellenabb­au in den Filialen führen werden, bestreitet Mießner. „Wir brauchen für sieben Selbstbedi­enungskass­en den Platz von zwei herkömmlic­hen Kassen und auch immer Mitarbeite­r bei den SB-Kassen. Über den Tag gerechnet ist der Personalbe­darf damit gleich.“

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Führungsdu­o beim Handelsrie­sen Merkur: Kerstin Neumayer und Harald Mießner
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