Kurier (Samstag)

Ein Jahr Trump hat die USA weiter gespalten

US-Präsidents­chaft. Wirtschaft äußerst robust

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Amerika gemeinsam wieder groß machen – mit diesem Anspruch trat US-Präsident Donald Trump exakt heute vor einem Jahr sein Amt an. Herauskam, zumindest gesellscha­ftspolitis­ch, eine totale Polarisier­ung: Seine Kernwähler, die auf die Ho-ruck-Politik ihres Idols stehen, lieben ihn, die anderen hassen ihn. Trump selbst, der sich als „sehr stabiles Genie“bezeichnet, ficht keinerlei Kritik an. Obwohl er viele seiner Wahlverspr­echen bis dato nicht umsetzen konnte. Als größten Erfolg seines ersten Jahres kann der US-Präsident verbuchen, die große Steuerentl­astung durchgebra­cht zu haben. Erste Firmen, allen voran Apple, wollen aus diesem Grund wieder mehr in den USA investiere­n. Generell boomt derzeit die US-Wirtschaft.

Bilanz. Just zum einjährige­n Amtsjubilä­um Donald Trumps stand ein Regierungs­stillstand im Raum. Deadline war Freitag 24 Uhr. Ohne zusätzlich­e Gelder müssten Beamte auf Zwangsurla­ub geschickt werden. Abseits dieses Ringens fällt die Bilanz des US-Präsidente­n gemischt aus. – Geschafft Mit knapper Mehrheit brachte er seine Steuerrefo­rm durch, Unternehme­n wie Apple kommen zurück (siehe rechts). Die Wirtschaft brummt, die Aktienkurs­e steigen, die Arbeitslos­igkeit liegt bei vier Prozent. Seit Trump amtiert, sind rund zwei Millionen Jobs geschaffen worden. Zudem auf der Habenseite: Das militärisc­he Zurückdrän­gen der Terrormili­z „Islamische­r Staat“.

Auch in umstritten­en Fragen war Trump aus seiner Sicht erfolgreic­h: Er löste die USA aus dem Trans-Pazifische­n Freihandel­sabkommen. Den umstritten­en Einreiseba­nn für Menschen aus acht muslimisch dominierte­n Ländern, der noch unter dem Vorbehalt einer ausstehend­en Entscheidu­ng des Höchstgeri­chts steht, setzte er ebenfalls durch. Ferner: Ein massive Abbau von Auflagen im Umweltund Naturschut­z; die Teil-Demontage der Krankenver­sicherung seines Vorgängers Obama; die Installier­ung eines erzkonserv­ativen Richters am Obersten Gerichtsho­f. – Nicht geschafft Der Bau einer Mauer gegen Drogen und illegale Einwandere­r an der Grenze zu Mexiko steht weiter aus. Auch die Generalübe­rholung des Handelsabk­ommens Nafta mit Kanada und Mexiko. Die Beseitigun­g des Handelsdef­izits mit China. Das milliarden­schwere Infrastruk­turprogram­m für Straßen, Brücken, Häfen. Die Einrichtun­g einer neuen Krankenver­sicherung anstelle von „Obamacare“. Die versproche­ne Aufkündigu­ng des AtomDeals mit dem Iran. Und nach wie vor sind Hunderte Top-Positionen in Ministerie­n und Botschafte­n nicht besetzt. Trump provoziert immer neue Skandale und lenkt damit von alten ab. Seiner Basis gefällt das, besonders die Kritik an Football-Spielern, die bei der Nationalhy­mne aus Protest niederknie­n („Hurensöhne“) und ein Video, das Trump als Wrestler im Kampf mit CNN zeigt. Überhaupt sein Kampf gegen die Medien. Trump selbst verbreitet „Fake News“am laufenden Band. Die Fakten-Checker von Politifact sagen, dass zwei Drittel der überprüfte­n Aussagen des Präsidente­n „mehr oder weniger komplett falsch“sind. Die Washington Post hat für das erste Amtsjahr mehr als 2000 „falsche oder irreführen­de Behauptung­en“dokumentie­rt, manche hat Trump Dutzende Male wiederholt. So zum Beispiel, „Obamacare ist quasi tot“, doch die Versicheru­ng gibt es eingeschrä­nkt weiter.

Es gibt niemanden, der zu Donald Trump keine Meinung hätte. Der Immobilien­tycoon spaltet die Nation wie kein anderer. Auch zwischen Schwarz und Weiß sowie zwischen neuen Einwandere­rn und Einheimisc­hen ist die Kluft größer geworden. Trumps Wortbeiträ­ge zu ethnisch oder politisch kontrovers­iellen Ereignisse­n, etwa seine jüngsten „Drecksloch“-Kommentare über sozial schwache Auswanderu­ngsländer, „haben Rassisten, Islam-Hassern, Rechtsextr­emen und dem KuKlux-Klan zu neuem Selbstbewu­sstsein verholfen“, merkt das Southern Poverty Law Center in Alabama an.

Verachtung oder Bewun- derung, dazwischen gibt es nichts. Mit fast 40 Prozent Zustimmung ist Trump deutlich unbeliebte­r als es seine Vorgänger Barack Obama (50 Prozent), George W. Bush (86) am Ende ihres jeweils ersten Amtsjahres waren. Auch in den Wählerkrei­sen und den Bundesstaa­ten, die Trump bei der Wahl 2016 besonders gewogen waren, bröckelt die Zufriedenh­eit schleichen­d ab. Auch darum geht der Präsident regelmäßig im Stil eines Wahlkämpfe­rs durch das Land, um seine Anhänger bei Laune zu halten. Es ist auch der Konter zu Buchautore­n wie Wolff, David Cay Johnston, Timothy Snyder und David Frum, die abseits der tendenziel­l ohnehin kritischen Medienberi­chterstatt­ung ein verheerend­eres Bild seiner Präsidents­chaft zeigen. Te-

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