Ganztagsschule: 50 Millionen € ungenutzt
Bildung in Not. Rechnungshof kritisiert unklare Kompetenzen / Zu viele teure Kleinschulen
Wer zu Recht fragt, warum unser Bildungssystem zwar viel kostet, aber nicht die entsprechenden Leistungen erbringt, der findet neue Antworten in zwei druckfrischen und gestern dem Parlament übermittelten Prüf berichten des Rechnungshofes.
Der erste Bericht beschreibt die Probleme rund um die ganztägige Betreuung an den Schulen (nur in Wien und Salzburg). Kritisiert wird vor allem, dass die Zuständigkeiten „komplex“, also kaum nachvollziehbar, seien. Was direkte Auswirkungen auf die Kostenbeteiligung habe, Familien müssen für das gleiche Angebot monatlich zwischen 138 Euro (Pflichtschulen in Salzburg), 176 Euro (Pflichtschulen in Wien) und 227 Euro (städtischer Hort in Wien) zahlen.
Dazu kommt, dass die Länder weniger der heiß begehrten Tagesbetreuungsplätze anbieten als sie mit dem Geld des Bundes zur Verfügung stellen könnten. Rund 50 Millionen Euro hätten die Länder zuletzt brachliegen lassen.
Die Prüfer bekritteln, dass das eigentliche Ziel ei- ner Förderung ganztägiger Schulformen, nämlich generell das Bildungsniveau zu erhöhen, möglich, aber nicht nachvollziehbar sei. „Für verbesserte Schulleistungen gab es keine gesicherte empirische Bestätigung“, heißt es in dem Bericht. Mehr noch, Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Gruppen (bildungsferne Familien, nicht-deutsche Umgangssprache) würden tendenziell seltener diese Angebote wahrnehmen.
Als Lösung schlägt der Rechnungshof eine radikale Reform des Systems vor, durch die die „Kompetenzzersplitterung“im Sinne einer „gesamthaften Betrachtung“reformiert werden sollte.
Bildungsminister Heinz Faßmann wollte am Freitag keine Stellungnahme zum Prüf bericht abgeben. Die Koalition will aber ohnehin einen Ausbau ganztägiger Schulen. Faßmanns Vorgängerin und nunmehrige SPÖBildungssprecherin Sonja Hammerschmidt sieht sich in ihrer Forderung nach einem flächendeckenden Ausbau und kostenloser Teilnahme bestätigt: „Damit besonders Kinder aus bildungsfernen Schichten diese auch nutzen können, müssen diese flächendeckend zur Verfügung stehen und kostenlos sein.“Für die Neos erklärte Irmgard Griss, der Rechnungshof habe „zum wiederholten Mal aufgezeigt, wie nachteilig sich zersplitterte Kompetenzen in der Verwaltung auswirken. Steuergeld wird nicht effizient eingesetzt.“
Problem Kleinschulen
Im zweiten Bericht bemängelt der Rechnungshof das Festhalten an Klein- und Kleinstschulen: Analysiert wurde nur die Situation in Vorarlberg und Tirol. Wie sich zeigt, verfügen allein in Tirol 185 Pflichtschulen über weniger Schüler, als es die Regeln eigentlich vorsahen. In Vorarlberg traf dies auf 51 Schulen zu. Was zufolge hat, dass fast die Hälfte der Volksschulen in diesen Bundesländern weniger als vier Klassen führen, aber um rund ein Drittel mehr an finanziellen Ressourcen verbrauchen.