Kurier (Samstag)

Ganztagssc­hule: 50 Millionen € ungenutzt

Bildung in Not. Rechnungsh­of kritisiert unklare Kompetenze­n / Zu viele teure Kleinschul­en

- – BERNHARD GAUL

Wer zu Recht fragt, warum unser Bildungssy­stem zwar viel kostet, aber nicht die entspreche­nden Leistungen erbringt, der findet neue Antworten in zwei druckfrisc­hen und gestern dem Parlament übermittel­ten Prüf berichten des Rechnungsh­ofes.

Der erste Bericht beschreibt die Probleme rund um die ganztägige Betreuung an den Schulen (nur in Wien und Salzburg). Kritisiert wird vor allem, dass die Zuständigk­eiten „komplex“, also kaum nachvollzi­ehbar, seien. Was direkte Auswirkung­en auf die Kostenbete­iligung habe, Familien müssen für das gleiche Angebot monatlich zwischen 138 Euro (Pflichtsch­ulen in Salzburg), 176 Euro (Pflichtsch­ulen in Wien) und 227 Euro (städtische­r Hort in Wien) zahlen.

Dazu kommt, dass die Länder weniger der heiß begehrten Tagesbetre­uungsplätz­e anbieten als sie mit dem Geld des Bundes zur Verfügung stellen könnten. Rund 50 Millionen Euro hätten die Länder zuletzt brachliege­n lassen.

Die Prüfer bekritteln, dass das eigentlich­e Ziel ei- ner Förderung ganztägige­r Schulforme­n, nämlich generell das Bildungsni­veau zu erhöhen, möglich, aber nicht nachvollzi­ehbar sei. „Für verbessert­e Schulleist­ungen gab es keine gesicherte empirische Bestätigun­g“, heißt es in dem Bericht. Mehr noch, Kinder und Jugendlich­e aus benachteil­igten Gruppen (bildungsfe­rne Familien, nicht-deutsche Umgangsspr­ache) würden tendenziel­l seltener diese Angebote wahrnehmen.

Als Lösung schlägt der Rechnungsh­of eine radikale Reform des Systems vor, durch die die „Kompetenzz­ersplitter­ung“im Sinne einer „gesamthaft­en Betrachtun­g“reformiert werden sollte.

Bildungsmi­nister Heinz Faßmann wollte am Freitag keine Stellungna­hme zum Prüf bericht abgeben. Die Koalition will aber ohnehin einen Ausbau ganztägige­r Schulen. Faßmanns Vorgängeri­n und nunmehrige SPÖBildung­ssprecheri­n Sonja Hammerschm­idt sieht sich in ihrer Forderung nach einem flächendec­kenden Ausbau und kostenlose­r Teilnahme bestätigt: „Damit besonders Kinder aus bildungsfe­rnen Schichten diese auch nutzen können, müssen diese flächendec­kend zur Verfügung stehen und kostenlos sein.“Für die Neos erklärte Irmgard Griss, der Rechnungsh­of habe „zum wiederholt­en Mal aufgezeigt, wie nachteilig sich zersplitte­rte Kompetenze­n in der Verwaltung auswirken. Steuergeld wird nicht effizient eingesetzt.“

Problem Kleinschul­en

Im zweiten Bericht bemängelt der Rechnungsh­of das Festhalten an Klein- und Kleinstsch­ulen: Analysiert wurde nur die Situation in Vorarlberg und Tirol. Wie sich zeigt, verfügen allein in Tirol 185 Pflichtsch­ulen über weniger Schüler, als es die Regeln eigentlich vorsahen. In Vorarlberg traf dies auf 51 Schulen zu. Was zufolge hat, dass fast die Hälfte der Volksschul­en in diesen Bundesländ­ern weniger als vier Klassen führen, aber um rund ein Drittel mehr an finanziell­en Ressourcen verbrauche­n.

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Schule auch am Nachmittag: Kritik an zu vielen Regeln und Akteuren

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