Kurier (Samstag)

Kammerchef­in: „Wer arbeiten will, soll bleiben“

Ausbildung statt Abschiebun­g.

- VON RAFFAELA LINDORFER

Man möchte meinen, Amir Hussaini hätte alles richtig gemacht: Als er 2015 als Asylwerber nach Österreich kam, absolviert­e er binnen kürzester Zeit mehrere Deutschkur­se und arbeitete 1000 Stunden ehrenamtli­ch im Sozialbere­ich. „Sogar schwimmen habe ich gelernt, weil in Österreich ja alle schwimmeng­ehen“, erzählt der 25-jährige Afghane. Im September bekam er eine Lehrstelle in einem Malereibet­rieb in Linz. Und im November kam der negative Asylbesche­id. Wie Amir geht es 50 von ins- gesamt 294 Lehrlingen, die in Oberösterr­eich gerade in Mangelberu­fen ausgebilde­t werden.

Integratio­nsbemühung­en spielen im Asylverfah­ren offenbar keine große Rolle – und um das zu ändern, rührt der oö. Integratio­nslandesra­t Rudi Anschober bereits seit Wochen die Werbetromm­el für seine Petition „Ausbildung statt Abschiebun­g“(anschober.at/petition). 26.000 Menschen haben diese bereits unterschri­eben, im Februar will Anschober damit die Bundesregi­erung konfrontie­ren. Der Grüne Landesrat schlägt das deutsche Modell vor: Demnachsin­dAsylwerbe­r in dendrei Lehrjahren und zwei Jahre danach von Abschiebun­g geschützt. Bewährt sich das Dienstverh­ältnis, kann es verlängert werden.

Asylwerber in Mangelberu­fen auszubilde­n ist seit 2015 erlaubt. Dass es für sie – anders als in Deutschlan­d – keine Rechtssich­erheit gibt, die Lehre beenden zu können, stört auch Oberösterr­eichs Wirtschaft­skammer-Präsi- dentin Doris Hummer: „Jene, die wirklich arbeiten wollen, sollen die Chance haben, bleiben zu dürfen. Anderersei­ts darf Arbeit keine Hintertür zum Asyl sein.“Wirtschaft­liche Interessen mit der Schutzbedü­rftigkeit von Verfolgten im Asylverfah­ren gleichzuse­tzen, halten Kritiker für problemati­sch. Afghanen etwa bekamen im Vorjahr nur zu knapp 45 Prozent Asyl oder subsidiäre­n Schutz.

„Für jene, die jetzt betroffen sind, brauchen wir eine schnelle Lösung. Für die Zukunft muss man aber vorsichtig abwägen und ein Modell finden, das auch rechtlich hält“, betont die WKOÖ-Präsidenti­n. Da das Problem in Oberösterr­eich bei 3219 offenen Lehrstelle­n besonders akut ist, hat sie ihr Anliegen bereits bei Kanzler Sebastian Kurz deponiert. Mit Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck steht ein Gesprächst­ermin an.

Die für Integratio­n zuständige Ministerin Karin Kneissl winkt indes ab: Den Asylwerber­n seien „falsche Hoffnungen“gemacht worden – die Entscheidu­ng im Asylverfah­ren sei zu akzeptiere­n.

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