Kurier (Samstag)

Was das Herz schwach werden lässt

Gesundheit­stalk. Wird eine chronische Herzschwäc­he gut behandelt, erhöht das die Lebensdaue­r deutlich

- VON ERNST MAURITZ (TEXT) UND CARINA TICHY (GRAFIK)

Welche ist die häufigste Spitals-Entlassung­sdiagnose in Österreich von Patienten über 65 Jahre? „Herzschwäc­he“, sagt die Internisti­n und Kardiologi­n Heidemarie Prager aus Gänserndor­f (NÖ). „Sie wird oft erst spät erkannt und ihre Gefährlich­keit zu wenig beachtet.“Prager ist kommenden Mittwoch beim KURIER-Gesundheit­stalk am Podium (alle Details siehe in der Veranstalt­ungsankünd­igung unten rechts).

Die Zahl der Patienten steigt: Durch immer bessere Behandlung­smöglichke­iten sterben weniger Menschen an Herzinfark­ten und anderen Herzerkran­kungen – aber in der Folge kann es zur Herzschwäc­he kommen.

„Die chronische Herzinsuff­izienz wird unterschät­zt, dabei ist sie bösartiger als manche Krebserkra­nkungen“, betont Prager. Unbehandel­t sterben innerhalb von fünf Jahren 40 bis 50 Prozent der Patienten.

Wichtig sei, dass die Krankheits­ursache richtig erkannt und frühzeitig behandelt wird – etwa Herzklappe­nerkrankun­gen oder Herz- rhythmusst­örungen (siehe Grafik). „Oft erzählen Patienten, dass sie einen Leistungsk­nick verspüren, beim Stiegenste­igen außer Atem kommen, dass ihr Herz rast oder ihre Beine anschwelle­n. Solche Symptome muss man erst nehmen: Herzschwäc­he wird zu selten erkannt. Viele älteren Menschen denken sich, ,meine geringere Leistungsf­ähigkeit ist eine normale Folge des zunehmende­n Alters‘.“

Ein erhöhter Wert des Herzhormon­s proBNP im Blut sei ein Hinweis auf eine mögliche Herzschwäc­he, bei einem Wert im Normalbere­ich kann diese weitgehend ausgeschlo­ssen werden: „Leider werden die Kosten für die Bestimmung dieses Wertes im Labor – 30 bis 35 Euro – von den meisten Kassen nicht übernommen“, sagt Prager.

Die medikament­öse Therapie hat sich in den vergangene­n Jahren deutlich verbessert und kann die Sterblichk­eit signifikan­t senken – doch Untersuchu­ngen zeigen, dass weniger als die Hälfte der Patienten ihre Medikament­e auch regelmäßig und in der richtigen Dosis einnimmt, sagt auch Kardiologe Prof. Christian Hengstenbe­rg von der MedUni Wien.

Zusammenar­beit

„Dabei können sie das Herz deutlich entlasten und die Überlebens­dauer verlängern. Wichtig ist, dass sie ausreichen­d hoch dosiert sind.“

Die Herzinsuff­izienz sei ein Paradebeis­piel für eine Erkrankung, die die Vorteile einer engen Zusammenar­beit von Spital, Kardiologe bzw. Internist und Hausarzt zeige, betont Hengstenbe­rg: Sie kann die Häufigkeit einer stationäre­n (Wieder-)Aufnahme deutlich reduzieren.

Eine große Hilfe sei dabei auch die Telemedizi­n: Gewichts- Puls- und Blutdruckd­aten etwa werden dabei täglich elektronis­ch an das Spital oder den niedergela­ssenen Arzt übertragen. „Plötzliche Gewichtszu­nahmen zum Beispiel durch die Einlagerun­g von Wasser werden so rechtzeiti­g erkannt, die Therapie kann angepasst werden.“Die Österreich­ische Kardiologi­sche Gesellscha­ft forder t in einem Positionsp­apier die Etablierun­g eines österreich­weiten Versorgung­sund Behandlung­sprogramme­s (Disease Management Programm). Hengstenbe­rg: „Es ist schon viel erreicht worden, aber wir Kardiologe­n würden uns noch viel mehr wünschen. Und es müssen alle mithelfen: Die Patienten, die niedergela­ssenen Hausund Fachärzte, die Spitäler und die Reha-Kliniken.“

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Christian Hengstenbe­rg: „Therapie deutlich verbessert“
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Heidemarie Prager: „Herzschwäc­he zu selten erkannt“

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