Kurier (Samstag)

Die Spurensuch­e geht bis in die Wurmlöcher hinein

Gerhard Roth.

- VON PETER PISA

Aus der Nähe betrachtet, sieht alles ganz anders aus. Sagt der Gerhard Roth und nimmt seinen Fotoappart.

Am Alltäglich­en ist er interessie­rt. Aber er wechselt das Motiv. Also nicht wie der Salzburger Schriftste­llerkolleg­e Walter Kappacher, der jahrelang immer „nur“das Schilf am Grabensee bei Obertrum fotografie­rt hat.

Und Roth sagt niemals vor, was er selbst in seinen Bildern wahrnimmt (= was man zu sehen hat). Nicht so wie der Grazer Schriftste­ller Clemens J. Setz, der einen Wasserflec­k auf einer Mauer fotografie­rt und dem Bild gleich einen Namen gibt, „lauernder Katzenpfau“.

Früher waren Fotos für Gerhard Roth wie Notizzette­l für die Romane, die er schrieb. Seit etwa zehn Jahren liegt dem Steirer mehr am Mikroskopi­eren ohne ein Mikroskop.

Der neue Fotoband „Spuren“zeigt es: Er versucht, eine andere Wirklichke­it sichtbar zu machen. Er ist Fährtenles­er, Spurensuch­er, damit gesehen wird, was sonst übersehen wird.

Im Hässlichen entdeckt er das Schöne, im Kleinen das Besondere. Das kann ein rostiges Sägeblatt sein, das der mittlerwei­le 75-jährige näher heranzieht.

Galaktisch

Risse können es sein. Ränder. Grenzen ... Gerhard Roth ist Weltenbumm­ler zwischen seiner Außenwelt und seiner Innenwelt – und wer sich auf diese Fotografie­n einlässt, wird zum Weltenbürg­er von noch unerforsch­ten Ländereien des Mikrokosmo­s.

Holz bekommt Ähnlichkei­t mit einem Alligatore­nkopf, einfache Luftbläsch­en werden galaktisch, Schatten benehmen sich wie Buchstaben, ein altes Ölfass ist plötzlich Globus, Wurmlöcher bringen Botschafte­n aus dem All, beim Zwang zum Entziffern könnte dann aller- dings ärztliche Hilfe notwendig sein.

Neu ist: Manchmal bearbeitet der Künstler die Fotografie­n digital. Gibt ihnen Farben. Holt dadurch das Letzte heraus sozusagen und erzeugt Dramatik.

Viele Bilder sehen deshalb nach Krankheit aus. Als Roth als Kind krank war, hat er oft lange in die Wolken geblickt. Das Unsichtbar­e hat seit damals viele Gesichter, auch den Tod bringende.

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Der Schriftste­ller Gerhard Roth macht in seinen neuen Fotos eine andere Wirklichke­it sichtbar
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Gerhard Roth verrät nicht, was er fotografie­rt hat

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