Kurier (Samstag)

Moser startet Frühjahrsp­utz bei Gesetzen

Justiz. 200 Fälle landeten 2017 im Kontrollgr­emium, in 37 Causen wurden Weisungen erteilt

- – CHRISTIAN BÖHMER

Alle Minister haben zwei Monate Zeit, jene Paragrafen zu nennen, die bleiben müssen

Was denkt sich ein Staatsbürg­er, wenn ein Strafverte­idiger plötzlich Justizmini­ster ist und die ihm unterstell­te Staatsanwa­ltschaft in Causen ermittelt, die er, der Minister, bis vor kurzem noch in seinem früheren Brotberuf vor Gericht vertreten durfte?

Ist der Minister nicht versucht, mit Weisungen einzugreif­en? Und genügt nicht allein der Anschein, dass er es allenfalls tun könnte?

Als der Universitä­tsprofesso­r und Strafverte­idiger Wolfgang Brandstett­er 2013 Justizmini­ster wurde, stellte sich die Frage des Weisungsre­chts in der Justiz besonders plastisch.

Brandstett­er beantworte­te sie postwenden­d, indem er den so genannten Weisungsra­t installier­te.

In diesem neuen Gremium prüfen drei vom Ministeriu­m unabhängig­e Personen – der Generalpro­kurator und zwei Experten mit langjährig­er Erfahrung im Straf- und Strafproze­ssrecht – alle Verfahren, die die Öffentlich­keit interessie­ren – von möglichen Verfehlung­en im Nationalra­tswahlkamp­f über die Salzburger Finanzaffä­re bis hin zum Hypo- und BUWOGVerfa­hren.

Im Wesentlich­en gibt es drei Arten von Verfahren, die der Weisungsra­t verpflicht­end überprüfen muss: Verfahren, die von besonderem politische­n bzw. öffentlich­em Interesse sind, über die also in den Medien berichtet wird. Im vergangene­n Jahr waren das laut Justizmini­sterium 128 Fälle.

Dann gibt es da noch die Verfahren, in die Vertreter der „obersten Organe der Vollziehun­g“involviert sind – also etwa Richter des Verfassung­s- oder Verwaltung­sgerichtsh­ofes (2017: 24 Fälle).

Und dann gibt es noch Causen, in denen das Ministeriu­m eine Weisung geben will – und eben diese Verfahren (2017: 37 Fälle) landen auch alle beim Weisungsra­t.

Objektivit­ät

„Der Weisungsra­t ist ein Garant für objektive und sachliche Entscheidu­ngen“, sagt Generalpro­kurator Franz Plöchl zum KURIER. „Ich sehe unsere Tätigkeit als Beitrag dazu, dem Anschein einer allfällige­n politische­n Einflussna­hme entgegenzu­wirken.“

Das sieht offenbar auch der neue Justizmini­ster Josef Moser so. Denn gegenüber dem KURIER erklärt der Ressortche­f, dass er den Weisungsra­t in der Form jedenfalls beibehalte­n möchte: „Der Weisungsra­t hat sich bewährt. Er arbeitet rasch, höchst kompetent und nimmt den Entscheidu­ngsprozess­en jeglichen Anschein einer Befangenhe­it.“

Durch die Beratung des Weisungsra­tes sei in der Justiz „umfassende Transparen­z“gegeben.

Moser: „Für mich ist es daher eine Selbstvers­tändlichke­it, dass ich dem Parlament jährlich über meine Entscheidu­ngen zu den Empfehlung­en des Weisungsra­tes Bericht erstatte.“

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