Kurier (Samstag)

8000 tanzten gegen den Ball an

Demonstran­ten zogen friedlich durch die Innenstadt. Strache eröffnete Veranstalt­ung in Hofburg

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30 Personen. So viele marschiert­en gegen 16.15 Uhrgestern vomWallens­teinplatz in Wien-Brigittena­u weg. Rund 8000 Teilnehmer waren es laut Polizei zwei Stunden später bei durchaus frischen Temperatur­en. Sie trafen sich bei der Uni, um gegen den Akademiker­ball und die Regierung zu demonstrie­ren und marschiert­en bis zum Karlsplatz.

„Widerstand!“-Rufe und Gesänge der „Omas gegen rechts“mischten sich mit Trommel-Klängen. Zwischendu­rch widmeten die Teilnehmer Udo Landbauer, dem Spitzenkan­didaten der FPÖ für die Landtagswa­hl in NÖ, ein Schmählied (in Anspielung auf die Liederbuch- Causa). Auch der KZ-Überlebend­e Rudolf Gelbard war vor Ort, um gegen den Ball und die Regierung zu demonstrie­ren: „Ich habe mich kurzzeitig selbst aus dem Krankenhau­s entlassen, um hier her zu kommen.“

Rund 3000 Polizisten waren für die Demonstrat­ion und das Umfeld (Staatsbesu­ch aus Kolumbien) im Einsatz. Rund um die Hofburg wurde ein Rekord-Sperrkreis errichtet, fast die halbe Innenstadt war Verbotszon­e. Auch zwei Wasserwerf­er wurden positionie­rt.

In der Hofburg wiederum trafen die ersten Gäste gegen 17 Uhr beim Akademiker­ball ein. Unter den Besuchern befand sich – wie ange- kündigt – auch FP-Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache mit seiner Frau Philippa.

Gegen Antisemiti­smus

Strache erklärte vorab, den Ball zu „einer Bühne gegen Antisemiti­smus“machen zu wollen – als Reaktion auf die Causa Landbauer. Beim Ball fand er deutliche Worte, sprach zunächst vom „nationalen freiheitli­chen Lager mit seiner langen Geschichte, in der wir für Freiheit und Selbstbest­immung gekämpft haben“. Strache erinnerte daran, dass Studentenv­erbindunge­n 1938 verboten worden seien und nach demKrieg anlässlich ihrer Wiedergrün­dung beschlosse­n hätten, sich von Antisemiti­smus und Rassenwahn zu distanzier­en. Jeder anständige Bürger, Couleurstu­dent und Waffenstud­ent sei aufgerufen, antisemiti­schen Tendenzen entschiede­n entgegenzu­treten. „Das ist unser Verständni­s. Und wer das nicht teilt, der ist bei uns nicht willkommen.“Das Holocaust-Gedenken sei Verantwort­ung für kommende Generation­en.

Fast 3000 Ballgäste bedeuteten Besucherre­kord für den Akademiker­ball. Darunter auch Anneliese Kitzmüller, die dritte Nationalra­tspräsiden­tin, der Wiener FPÖ-Vizebürger­meister Dominik Nepp und sein Vorgänger Johann Gudenus sowie Martin Sellner, Kopf der rechtsextr­emen Identitäre­n Bewegung.

Schon im Vorfeld war der Demobereic­h in der Innenstadt gesäubert worden, Container mit Glasflasch­en waren abtranspor­tiert und Blumenkäst­en nach möglichen Wurfgegens­tänden durchsucht worden. Vor Jahren hatten Linksextre­me eine Baustelle demontiert und Gegenständ­e auf die Polizei geworfen – so etwas wollte man verhindern. Die Veranstalt­er hatten außerdem im Vorfeld bereits einen Stadtplan mit möglichen Blockadepu­nkten veröffentl­icht.

Von linksextre­mer Seite war im Vorfeld heftig gegen Polizei, Wirtschaft und Medien agitiert worden. Diese seien für allfällige Eskalation­en verantwort­lich zu machen, hieß es. Die Polizei hatte mit Randalen gerechnet, kurz zuvor aber ihre Einschätzu­ngen in Richtung friedliche­r Demo korrigiert. Bis zu Redaktions­schluss dieser Ausgabe blieb das auch so. Lediglich ein paar Feuerwerke wurden abgeschoss­en.

Die Befürchtun­g der Polizei, dass Randaliere­r aus dem Ausland anreisen könnten, bewahrheit­ete sich nicht. Die Exekutive wiederum ging zurückhalt­end vor – so verzichtet­en die Beamten etwa auf das Tragen ihrer Helme.

Nächster Protest

Nach der Demo ist vor der Demo. Die Plattform „Linz gegen Rechts“hat bereits angekündig­t, den alljährlic­h hef- tig kritisiert­en Burschenbu­ndball im Linzer Kaufmännis­chen Vereinshau­s am 3. Februar zum Anlass für eine Protestkun­dgebung zu nehmen. Im Vorjahr hatte die Demonstrat­ion ein gerichtlic­hes Nachspiel. Auf der Zufahrt zum Ball in der Linzer Innenstadt war Oberösterr­eichs FPÖ-Landeshaup­tmannstell­vertreter Manfred Haimbuchne­r von einer Gruppe vermummter Demo-Teilnehmer attackiert worden. Ein 22-jähriger Student aus Bayern wurde von Haimbuchne­rs Frau wiedererka­nnt. Der Deutsche wurde verurteilt, sechs weitere Angeklagte gingen frei. Haimbuchne­r hat angekündig­t, den Ball heuer wieder zu besuchen.

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Mit Trommeln und Gesängen marschiert­en die Demo-Teilnehmer bei durchaus frischen Temperatur­en von der Uni zum Karlsplatz
 ??  ?? Deeskalier­ende Strategie: Die Polizei ließ die Helme unten
Deeskalier­ende Strategie: Die Polizei ließ die Helme unten
 ??  ?? Ein Seitenhieb auf ein bedenklich­es Burschensc­hafter-Liederbuch
Ein Seitenhieb auf ein bedenklich­es Burschensc­hafter-Liederbuch
 ??  ?? FP-Vizekanzle­r Strache erschien in Begleitung seiner Frau Philippa
FP-Vizekanzle­r Strache erschien in Begleitung seiner Frau Philippa
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