Kurier (Samstag)

Bei diesem „Faust“bleiben viele Fragen unbeantwor­tet

- – SUSANNE ZOBL

Kritik. Warum behält man eine Produktion mit einer fragmentar­ischen Inszenieru­ng im Repertoire? Warum nimmt man ein Werk ins Programm, wenn man es nicht erstklassi­g besetzt? Diese Rätsel gibt derzeit die Wiener Staatsoper mit Charles Gounods „Faust“auf. Lösungen bietet sie keine. Bei der Premiere vor zehn Jahren musste der schwer erkrankte Regisseur Nicholas Joel seine Regie abgeben. Was bis heute geblieben ist, sind ein paar fahl beleuchtet­e Wände. Damals aber hatte man mit Roberto Alagna und Angela Gheorghiu Sänger, die jede Aufführung mehr als rechtferti­gen würden.

Der aktuelle Faust, JeanFranço­is Borras, der im italienisc­hen Fach immer wieder überzeugt hatte, führte seinen Tenor eng, setzte zu schönen Phrasierun­gen an, die mehr versprache­n als sie hielten. Ihm fehlte die Personenfü­hrung. Sein Faust mutierte zum phlegmatis­chen Schüler, der sich von Mephisto ins Verderben ziehen ließ.

Starker Mephisto

Der war der bewährte Erwin Schrott. Der formidable Gestalter glich anfänglich­e, fast unmerklich­e Stimmschwa­nkungen aus und überzeugte als schlimmer Teufel. Mandy Fredrich ist eine solide Marguerite mit ausgewogen­en Höhen. Etwa weniger Zurückhalt­ung bei ihrer Ballade vom König aus Thule und ihren Solo-Arien hätte nicht geschadet. Dass die kurzfristi­ge Einspringe­rin auf Sicherheit setzte, ist ihr nicht vorzuwerfe­n.

Markus Eiche war als Valentin in dieser Konstellat­ion eine Luxusbeset­zung. Rachel Frankel gefiel als Siebel mit wohltönend­en Höhen. Die Wortdeutli­chkeit und die reichen Stimmfarbe­n des Chors der Wiener Staatsoper wiesen diesen als Stärke des Hauses aus. Dirigent Frédéric Chaslin brachte den philharmon­ischen Klang des Staatsoper­norchester­s ideal zur Entfaltung.

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