Kurier (Samstag)

„Lauschangr­iff“auf Strache gerät nun zur Staatposse

Ermittlung­en. Laut Verfassung­sschutz keine Wanze, laut Minister schoon

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Der „demokratie­politisch äußerst bedenklich­e Abhörskand­al“(O-Ton Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache) entpuppt sich nun tatsächlic­h als Fund einer relativ harmlosen Lautsprech­eranlage. Gefunden wurde das „veraltete Gerät“von Mitarbeite­rn der Abteilung Cdes Abwehramts. „Die Kompetenz der Jungs von der Hetzgasse bei der Aufdeckung von illegalen Abhöranlag­en in Österreich ist einzigarti­g“, sagt ein hochrangig­er Offizier. „Die machen das routinemäß­ig und checken auch unsere Botschafte­n im Ausland. Da wird jeder Zentimeter in einem Ministerbü­ro abgesucht.“

Abhöranlag­e fehlte

Im Palais Dietrichst­ein fanden die Mitarbeite­r des Abwehramte­s einen meterlange­n Kabelsalat hinter einer Spiegelwan­d. Die Experten maßen zunächst in den Kabeln Strom und Spannung, an einem langen Kabel fanden sie eine Abzweigung mit einem uralten Lautsprech­er. Wie jeder Schüler schon im Physikunte­rricht lernt, kann man die Lautsprech­ermembran auch umgekehrt als Mikrofon einsetzen, um Gespräche in einem Raum zu belauschen.

Theoretisc­h waren die sichergest­ellten Kabel und Lautsprech­er voll funktionsf­ähig, für eine Übertragun­g von Gesprächen müsste aber am Ende der Leitung ein Computer, ein Sender, ein Handy oder eine Abhöranlag­e montiert sein. „Am Ende der Leitung war aber keine Abhöreinri­chtung angeschlos­sen“, konstatier­te der Verfassung­sschutz.

„Der Vizekanzle­r war gar nicht da und sein Büro hat dem Fund zunächst keine besondere Aufmerksam­keit geschenkt“, berichtet ein Insider des Innenminis­teriums, der in die Vorgänge eingeweiht ist. „Die akute Abhörgefah­r war, als man das Gerät gesehen hat, nicht in den Köpfen der Mitarbeite­r verankert. Dann dürfte etwas passiert sein , was wir aus der Vergangenh­eit kennen: Man kann einen gewissen Sympathiee­ffekt erzielen, wenn man sich als Opfer darstellt.“

Das Kabelnetz

Ein ehemaliger Mitarbeite­r im Kabinett von Ministerin Barbara Prammer erinnert sich an die Lautsprech­eranlage aus dem Parlament, die bis in das Jahr 2000 im Frau- enminister­ium im Palais verwendet wurde.

„Meist ist der Pressespre­cher vor dem Lautsprech­er gesessen, hat das Geschehen im Parlament mitgehört und hat irgendwann gesagt: ,Frau Minister, jetzt ist es Zeit ins Parlament zu fahren‘ “, erzählt der Ministeria­lbeamte. „Was Herr Matzka dem KURIER erzählt hat, ist nachvollzi­ehbar. Alle Ministerbü­ros waren mit diesen Übertragun­gsanlagen ausgerüste­t, manche hatten sogar mehrere.“Die Büros der Minister wurden damals regelmäßig von Polizisten mit Hunden durchsucht.

Bei der Staatsanwa­ltschaft Wien gibt man sich zugeknöpft. Der Erste Staatsanwa­lt Thomas Vecsey bestätigt nur, dass ein Kurzberich­t des Verfassung­schutz (BVT) vorliegt unddie Ermittlung­en laufen. Diese betreffen unbekannte Täter und drehen sich um einen etwaigen Verdacht des Missbrauch­s von Tonaufnahm­en- oder Abhörgerät­en, der Ausspähung von Staatsgehe­imnissen und des Geheimen Nachrichte­ndiensts zum Nachteil Österreich­s.

Straches Vorgänger in dem Büro, Ex-Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ) fordert nun Aufklärung von Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ). Drozda will den Unteraussc­huss des Innenaussc­husses im Parlament einberufen. Neben Kickl soll auch Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) vorgeladen werden. Drozda spricht von einer „Staatsoper­ette“und erwartet „eine minutiöse Aufklärung“.

Im Verteidigu­ngsministe­rium beharrt man darauf, dass die „Anlage“funktionie­rt hätte. „Es wurde im Zuge dieser Überprüfun­g eine technische Einrichtun­g gefunden, die es zulässt, Gespräche aus diesem Raum zu übertragen“, teilte Oberst Michael Bauer am Freitag mit. Im Büro Strache wurde betont, dass man aufgrund laufender Ermittlung­en nichts sagen dürfe, es aber sehr wohl einen Wanzenfund gab. Man hält es aber mittlerwei­le für möglich, dass „der Angriff“einem Strache-Vorgänger gegolten habe.

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Ein Kabelsalat wurde von der Abteilung C des Abwehramte­s sichergest­ellt, daraus wurde später ein „bedenklich­er Abhörskand­al“
 ??  ?? Strache war nicht vor Ort als die „Wanze“gefunden wurde
Strache war nicht vor Ort als die „Wanze“gefunden wurde
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Kabinettsm­itarbeiter bestätigt die Theorie von Matzka (Bild)

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