Kurier (Samstag)

Jetzt ist aber endlich Schluss mit Nazis!?

- JOSEF VOTZI eMail an: josef.votzi@kurier.at auf Twitter folgen: @JosefVotzi

In den Internet-Foren hatte dieser Tage das zutiefst österreich­ische „Na-Ja“Hochkonjun­ktur – auf Neudeutsch auch gerne als „Ja, aber“verkleidet.

Ja – die Nazilieder der Germania sind widerlich. Aber – noch widerliche­r sei, wie damit „Jagd auf die Blauen“gemacht werde. Nur ein Beispiel von vielen von der Homepage der bürgerlich­en Die Presse: „Den Bürgern Österreich­s wurde mit der Causa Landbauer vor Augen geführt, wie die „alten“Herrscher mit jenen umzugehen pf legen, die ihnen im Wege stehen. (...) Von wem solche Methoden gesteuert werden, brauche ich hier nicht separat zu erwähnen! Daher, von mir haben diese Schwarzen und Roten nichts mehr zu erwarten, außer Ekel.“Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache haben neun Tage nach Aufdeckung des Nazilieder-Skandals durch den Falter das Richtige getan – und Udo Landbauers Rückzug aus der Politik durchgeset­zt.

Die vielen Verschwöru­ngstheorie­n, Mythen und Legenden, die der Fall wiederbele­bt hat, bleiben. Politik und Medien tun gut daran, sich diesen offensiv zu stellen. Denn in Sachen alte und junge Nazis ist alles andere geboten als Ambivalenz, Na-Ja oder Ja,aber.

– Mythos 1: Braune Schafe gibt es überall, aber nur die Blauen stehen am Pranger. Fakt ist: Im Fall Landbauer hat ein Spitzenbea­mter mit rotem Parteibuch die Zeichnunge­n zum Nazi-Liederbuch geliefert. Seriöse Medien wie der KURIER haben das nicht nur als Erste, sondern genauso prominent berichtet, wie über die Verdachtsm­omente gegen den FPÖ-Spitzenman­n und seine Burschensc­hafter. Von Schonung auch rot-brauner Schafe also keine Spur.

– Mythos 2: Bei Braun-Blauen können die Medien nicht genug bekommen. Das ist eine beliebte These unter Willkommen­sklatscher­n für das Comeback von Schwarz/Türkis-Blau. Fakt ist: Seriöse Medien wollen Good und Bad News fair gewichten: Was es wiegt, das hat es. Über Heinz-Christian Straches flammendes Plädoyer gegen Antisemiti­smus, Rassismus und totalitäre­s Denken („Wem das nicht passt, der kann aufstehen und gehen“) bei der Eröffnung des Burschensc­hafter-Balls wurde genauso prominent berichtet wie über die wehleidige­n Rechtferti­gungen Udo Landbauers. Auch kritische Medien, wie beispielsw­eise die Süddeutsch­e Zeitung, aber auch viele Kommentato­ren in Österreich, so auch im KURIER, würdigten Straches couragiert­en Auftritt ausdrückli­ch.

– Mythos 3: Fälle wie Landbauer werden nur hochgekoch­t, um der ungeliebte­n Koalition Türkis-Blau zu schaden. Dass sich Rote und Pinke auf den Fall „draufsetze­n“, ist der Job von Opposition­sparteien. Seriöse Medien wie der KURIER stehen nicht auf der Seite einer der Parteien, sondern ihrer Leser. Der KURIER ist so jüngst auch der Frage nachgegang­en, was etwa aus den ÖVP-Studentenf­unktionäre­n wurde, die via WhatsApp ekelhafte antisemiti­sche Witze und Pics austauscht­en. Alle wurden zwar aus der Jungen ÖVP ausgeschlo­ssen, zumindest einer tauchte als ÖAAB-Mandatar wieder aus der Versenkung auf. Medien sind weder fehlerfrei noch sakrosankt, aber nicht Feinde ihrer Geschäftsg­rundlage: der Glaubwürdi­gkeit. Gerade hier ist kein Platz für ein ambivalent­es Na-Ja oder Ja, aber.

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Im Nazilieder-Skandal zog Blau einen Schlussstr­ich. Verschwöru­ngstheorie­n leben aber auf – eine Erwiderung.
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