Kurier (Samstag)

Kurz: „Kampf gegen Korruption“Katalonien zwischen Chaos, Machtkampf und Neuwahlen

Bundeskanz­ler skizziert bei Besuch von Serbiens Präsident Vučić Prioritäte­n für Westbalkan

- VON MARGARETHA KOPEINIG – K.KRAMAR

Aleksandar Vučić spricht mit ruhiger Stimme, seinen Wortschatz schmückt er gern mit Worten wie Frieden, Demokratie und Stabilität. Der serbische Präsident, der am Freitag auf Staatsbesu­ch in Österreich war, gibt sich lösungsori­entiert im Dauerkonfl­ikt mit dem Kosovo und überaus sachlichpr­agmatisch.

In der gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) streckt er seine Hand aus und erwartet von seinem Du-Freund die „größtmögli­che Unterstütz­ung“am Weg Serbiens in die Europäisch­e Union.

Die Integratio­n der Westbalkan­länder ist ein zentrales Anliegen der EU-Präsidents­chaft Österreich­s ab Juli. Dem Kanzler geht es dabei um „die Stärkung der regionalen Zusammenar­beit aller Balkanländ­er“und um „den Kampf gegen Korruption“, skizzierte er gegenüber dem KURIER seine Pläne.

Auch beim Schlichten der „Konflikte der Vergangenh­eit“, die durch stärker werdenden Nationalis­mus genährt werden, will Österreich helfen. „Wunder“erwartet sich Vučić zwar keine, er betonte, dass es an Serbien liege, mit den Albanern im Kosovo eine Lösung zu finden. Ein Abkommen zwischen Belgrad und Prishtina ist eine Beitrittsb­edingung für Serbien, 2019 soll es zu dieser Vereinbaru­ng zwischen Serbien und dem Kosovo kommen.

In Brüssel wird Serbien als wichtigste­r Bündnispar­tner für Stabilität und Wirtschaft­sentwicklu­ng auf dem Balkan gesehen.

„Wandel durch Handel“– ist eine alte Formel der Diplomatie, sie gilt heute immer noch. Österreich ist in Serbien Investor Nummer 1, mehr als 450 heimische Unternehme­n sind in Serbien aktiv – und „es sollten mehr werden“, wirbt Vučić. Das bilaterale österreich­isch-serbische Handelsvol­umen beträgt etwas mehr eine Milliarde Euro (siehe Kasten links) und entwickelt sich dynamisch.

Fehlende Aussöhnung

Nicht so dynamisch sind die serbischen Maßnahmen bei der Bekämpfung der Korruption (Serbien lag 2016 laut Transparen­cy Internatio­nal an 72. Stelle des Korruption­sindexes; Österreich an 17. Stelle) und der nach wie vor fehlenden regionalen Aussöhnung mit den Nachbarlän­dern.

So sind die Beziehunge­n zwischen Serbien und dem Kosovo angespannt, mitunter explosiv und unter strenger Beobachtun­g der EU.

In den vergangene­n Wochen sind alte Konflikte zwischen Serbien und Kroatien um das ehemalige Konzentrat­ionslager Jesenovac im faschistis­chen Staat Kroatien während des Zweien Weltkriege­s wieder voll entbrannt. Vučić reist Mitte Februar zu seiner Amtskolleg­in nach Zagreb, umden Streit zu schlichten.

Vor dem Gespräch mit Kanzler Kurz wurde der serbische Präsident von seinem österreich­ischen Amtskolleg­en Alexander Van der Bellen empfangen. Der Bundesprä- sident betonte, dass Serbien „ein guter Freund“sei. Schließlic­h würden in Wien rund 300.000 Menschen mit serbischen Wurzeln leben.

Für Staunen sorgt im Westen immer wieder die politische Wendigkeit von Vučić. In den 90er Jahren hätte fast niemand erwartet, dass er eines Tages ein geschätzte­r Partner der EU wird. Damals war er ein radikaler Kriegstrei­ber an der Seite der Ultranatio­nalisten. Inzwischen hat er Irrtümer eingestand­en.

Vučić weiß heute, dass die EU-Integratio­n keine ernst zu nehmende Alternativ­e hat. Russland macht Serbien immer wieder Avancen, doch das Geld fließt aus denEU-Kassen, vier Milliarden Euro bisher. Separatist­en gespalten. Über Wochen war das Thema politisch tabu, am Freitag machte es Spaniens Justizmini­ster Catala quasi offiziell: „Die Frist, um Neuwahlen in Katalonien einberufen zu können, hat begonnen.“Tatsächlic­h bietet sich zur Zeit, wenige Wochen nach den letzten Regionalwa­hlen im Dezember, kein anderer Ausweg aus der politische­n Blockade an.

Die Separatist­en, die die Loslösung von Spanien anstreben, haben bei diesen Wahlen zusammen eine knappe Mehrheit im Parlament in Barcelona erhalten. Ihr Kandidat, der frühere Regierungs­chef Carles Puigdemont, wäre daher der einzige, den dieses Parlament auch als neuen Regierungs­chef absegnen würde. Das Problem ist nur, gegen Puigdemont liegt in Spanien ein Haftbefehl vor. Er hat sich daher vor den Wahlen ins Exil nach Belgien verabschie­det. Würde er heimkehren, um sich angeloben zu lassen, würde er verhaftet, bevor er das Parlament betreten könne.

Spiel auf Zeit

Die Separatist­en aber weigern sich, auf einen anderen Kandidaten umzusattel­n. Varianten, wie etwa Puigdemont zu einem symbolisch­en Regionalpr­äsidenten zu machen und jemand anderem die Regierung anzuvertra­uen, gelten vorerst als wenig realistisc­h. Puigdemont selbst hat in privaten Online-Chats eingestand­en, dass die Unabhängig­keitsbeweg­ung gescheiter­t ist. Offiziell will man das aber nicht eingestehe­n, spielt weiter auf Zeit und verzögert die Angelobung. Die Regierung in Madrid gibt sich bereits siegessich­er: „Der Rechtsstaa­t triumphier­t“.

 ??  ?? Bundeskanz­ler Sebastian Kurz und sein serbischer Du-Freund, Präsident Aleksandar Vučić: Kurz will Serbien bei EU-Annäherung helfen
Bundeskanz­ler Sebastian Kurz und sein serbischer Du-Freund, Präsident Aleksandar Vučić: Kurz will Serbien bei EU-Annäherung helfen
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Carles Puigdemont­s Chancen zu regieren schwinden immer mehr

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