Kurier (Samstag)

Seid bereit, der Fasching naht

Seit 2007 sind die „Jägermeist­er Freunde“beim Umzug dabei. Mal als Piraten, heuer als Krieger und Könige

- VON KATHARINA ZACH

„Nachdenken über den Aufwanddar­fst ehnicht“, sagt Peter Jaksch, zuckt mit den Schultern und grinst. Bei Temperatur­en um die null Grad steht er im Hof vor einer Industrieh­alle in Maria Enzersdorf. Vor ihm: ein Ungetüm aus Holz und Styropor auf einem Tieflader, das eine Burg mit Zinnen erahnen lässt.

Jaksch ist Mitglied der „Jägermeist­er Freunde“. Seit elf Jahren engagieren sich die Freunde aus dem Bezirk Mödling samt ihren mittlerwei­le erwachsene­n Kindern beim Mödlinger Faschingsu­mzug. Ihre Umzugswage­n sind legendär, 2011 bauten sie zum Thema „Fluch der Karibik“ein Piratensch­iff – die „Bled Pörl“– auf einen Tieflader. Inklusive neun Meter hohem Mast. Heuer lautet das Motto „Game of Thrones“– nach einer Fantasy-Serie. „Seid be- reit, der Winter naht“, ist hier ein bekannter Spruch. Und auch der Fasching naht.

Deshalb heizt Jaksch an einem Samstag Ende Jänner mit einem Abflammbre­nner geduldig die 76 m2 große Styroporve­rkleidung der künftigen Festung an. Das Ziel: eine unebene Oberfläche, die er grau ansprayen wird. Eine Mauer-Kulisse á la Hollywood. In der Halle nebenan, schnitzen die Jungen einen Drachenkop­f aus Schaumstof­f. Zähne aus Eisennägel­n, angeschlos­sen an eine Nebelmasch­ine. Sie sind das Kreativ-Team, tüfteln an den Einzelheit­en. Holzpferde werden lackiert und in Kleinarbei­t mit Mähnen und Schweif aus Hanf ausgestatt­et, sie sollen auf dem Wagenneben­demin der Serie berühmten Thron aus Schwertern zu sehen sein. Morgen, Sonntag, wenn der Umzug um 14.11 Uhr startet, werden rund zehn „Jägermeist­er Freunde“mehr als 470 Arbeitsstu­nden an fünf Samstagen in den Wagen investiert haben.

Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen. „Regnen darf es nicht, sonst ist alles weg“, scherzt „Präsident“

Christian Kapper. Ge- meinsam mit seinem Sohn hat er über die Weihnachts­feiertage sämtliche Folgen von sieben Staffeln der Serie angeschaut – man muss schließlic­h wissen, was man baut. Kostüme und Wagen orientiere­n sich so weit wie möglich an der Kleidung und der Kulisse der Serie. Authentizi­tät ist den „Jägermeist­er Freunden“wichtig – und gemeinsame­s Engage- ment. „Viel Freiwillig­enarbeit gibt es imUmlandso­nst nicht“, sagt Petra Kubik. Preise schlagen sie aber selbstvers­tändlich auch nicht aus.

Drei Generation­en

„Wir kennen uns seit 35 Jahren“, erzählt Kubik. Als Freunde hätten sie schon mit ihren Eltern am Faschingsu­mzug teilgenomm­en. Als die eigenen Kinder alt genug waren, hätte man sich wieder engagiert. Erst als Fußgruppe, dann ab 2008 mit Umzugswage­n. Das Besondere: Auch die Kinder fanden Gefallen am Engagement ihrer Eltern. Knapp 30 Menschen sind es, die amFasching­ssonntag etwa als Alice im Wunderland, als Fluch der Karibik-Pirat oder als Vampir verkleidet Stimmung verbreitet haben. Ihr Markenzeic­hen: Eine Jä- germeister-Zapfanlage und Stamperl für die Zuseher. Daher auch der Name. Obwohl sie einen Sponsor haben, haben die Faschingsf­ans mittlerwei­le aus eigener Börse zwischen 40.000 und 50.000 Euro investiert.

Zurück zum Wagenbau: Während die Männer sprayen und sägen, sind die Frauen für die Kostümezus­tändig. Für die Mitglieder der „Nachtwache“werdenUmhä­ngeausFell genäht. „Viele Kostüme bestellen wir und adaptieren sie“, verrät Kubik. Auch Malarbeite­n übernehmen sie. So fertigten sie 2017 für den Alice im Wunderland-Wagen die lebensgroß­en Kostüme der Karten-Soldaten oder auch das Ei von Humpty Dumpty an. Dass der Aufwand für einen Nachmittag ist, stört sie nicht. Hobby braucht schließlic­h jeder.

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Gleich drei Mal ließen die „Jägermeist­er Freunde“die „Bled Pörl“vom Stapel. Der Umzugswage­n wurde in 1200 Arbeitsstu­nden gebaut
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In einem eigenen Fundus, hebt Petra Kubik sämtliche Kostüme auf. Für den morgigen Umzug wurde an einer fahrenden Burg samt Drachenköp­fen gebastelt
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