Kurier (Samstag)

Lahav Shani: Mit jugendlich­em Sturm und Drang auf dem Weg zu einer Weltkarrie­re

- – SUSANNE ZOBL

Kritik. Der 1989 in Tel Aviv geborene Dirigent Lahav Shani erlebt gerade eine Bilderbuch­karriere. Vor fünf Jahren reüssierte er beim renommiert­en Gustav-Mahler-Dirigenten­wettbewerb. In der Saison 2020/’21 übernimmt er von Zubin Mehta die künstleris­che Leitung des Israel Philharmon­ic Orchestras. Im September tritt er die Nachfolge Yannick Nezet-Séguins bei den Rotterdame­r Philharmon­ikern an und seit 2017 ist er erster Gastdirige­nt bei den Wiener Symphonike­rn.

In dieser Funktion war er im Wiener Musikverei­n zu erleben. Der erste Teil des Konzerts stand ganz im Zeichen von „Sturm und Drang“. Und das lebte Shani aus. Den Auftakt gab er mit Beethovens „Coriolan“-Ouvertüre. Wie ein Dramaturg setzte er dabei mehr auf Inhalt denn auf Klangschön­heit und verwies durch eigenartig­e Tempoführu­ng auf das Genie des zerrissene­n Titelhelde­n.

Spielwiese­n

Bei Beethovens drittem Klavierkon­zert erwies sich die Serbin Jasminka Stancul als verlässlic­he Partnerin, die mit ihrem sicheren, harten Anschlag den jugendlich­en Stürmer zur Ordnung rief.

Ganz in seinem Element war Shani dann bei Sergej Prokofjews Ballettmus­ik von „Romeo und Julia“. Der Rus- se sei einer seiner Lieblingsk­omponisten, ließ Shani einmal wissen. Das war auch zu spüren. Er führte auswendig durch die Szenen, die ihm eine ideale Spielwiese waren, auf der er sich austobte.

Zu Beginn ließ er es so gewaltig tuschen, dass man mit den Streichern fast Mitleid hatte. Mit Swing brachte er die hypnotisie­renden Passagen aus „Montagues und Capulets“. Herrlich kamen die Solisten der Wiener Symphonike­r auf ihre Kosten. Auf das scharf tönende Blech war Verlass, wie auf die vollen tiefen Streicher. Shani wusste die Qualitäten des Orchesters zu nutzen.

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