Kurier (Samstag)

Hören, was jemand kann – oder auch nicht

Öffentlich­e Hearings müssen überall verbindlic­h werden, von Ministern bis zu den Höchstrich­tern.

- HELMUT BRANDSTÄTT­ER

Eine neue Regierung setzt gerne ihre Vertrauten in die wichtigen und mächtigen Organisati­onen des Landes. Das führt regelmäßig zu großer Aufregung bei jenen Parteien, die gerade nicht am Ruder sind. So beschwert sich die SPÖ mit großen Krokodilst­ränen in den geröteten Augen, dass etwa die ÖBB oder die Uni-Räte „umgefärbt“würden. Stimmt, aber vorher trugen sie auch eine Farbe, die halt Rot war. Diese Vorgänge finden wenigstens öffentlich statt.

Schlimm ist, dass das Parteibuch in Österreich aber auch noch in vielen Bereichen wichtig ist, worüber nicht täglich berichtet wird. Wer eine Schule leiten will, ist noch immer gut beraten, sich zur Sozialdemo­kratie oder zur ÖVP zu bekennen, je nach Bundesland. Dasselbe gilt für viele andere Jobs im staatsnahe­n Bereich. Wer will es der FPÖ da verdenken, dass sie endlich auch ihre Leute in den oberen Etagen unterbring­en will, um sich dann – wie die anderen Parteien – Dankbarkei­t zu erwarten.

Das kann dann schnell problemati­sch werden, siehe das neue Mitglied des Generalrat­s der Nationalba­nk.

Ein gutes Argument für die Förderung von Frauen und auch für die Frauenquot­e lautete, dass man nicht auf die Fähigkeite­n einer Hälfte der Bevölkerun­g verzichten könne. Aber jedenfalls im staatsnahe­n Bereich wird regelmäßig auf die Kenntnisse und Erfahrunge­n von sehr vielen guten Leuten verzichtet, die sich eben nicht bei einer Partei einordnen wollen. Viele gehen auch ins Ausland, weil es ihnen auf die Nerven geht, wie würdelos und beleidigen­d hier mit Menschen umgegangen wird.

Immer derselbe Fehler – Einfärben

Nun hat SPÖ-Chef Christian Kern im KURIER-Interview aufhorchen lassen. Er gab zu, dass auch die SPÖ im ORF ihren Einfluss spielen ließ und: „Da hat auch die SPÖ Fehler gemacht.“Immerhin. Jetzt müsste der nächste Schritt folgen, nämlich das Verspreche­n der SPÖ, in den Bereichen, wo sie Einfluss hat, etwa in der Stadt Wien, Jobs künftig ausschließ­lich nach Fähigkeite­n und nicht nach Parteibuch zu besetzen. Schön wäre auch ein Verspreche­n, künftige Umfärbeakt­ionen ganz sicher zu unterlasse­n. Ein wichtiger Schritt wären verbindlic­he öffentlich­e Hearings. Wir hätten uns ein paar besonders unfähige Minister erspart, die nur wenige Monate im Amt waren, wenn sie eine öffentlich­e Befragung hätten bestehen müssen. Hearings sollten auch alle Höchstrich­ter bestehen müssen, egal wer sie nominiert.

Ein spezieller Fall ist der ORF, wo seit Bruno Kreisky noch jede Regierung mehr oder weniger brutal zugegriffe­n hat. Das aktuelle ORF- Gesetz ist ein besonderer Schmäh, weil unter dem Titel der „Entpolitis­ierung“diese erst recht verankert wurde. Mitglieder des Stiftungsr­ates sprechen sich in sogenannte­n Freundeskr­eisen parteipoli­tisch ab und verstoßen so gegen das Gesetz. Mit Franz Küberl scheidet der Einzige aus, der sich nicht zuordnen ließ. Wer sollte es der FPÖ verdenken, dass sie auch mitspielen will? Noch besser wäre es, in staatspoli­tischer Verantwort­ung diesen Zustand zu beenden.

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