Kurier (Samstag)

Bengalisch­e Feuer werden aus Stadien verbannt

Sicherheit im Fußball. FPÖ und ÖVP stoppen gemeinsam die Ausnahmen für Rapid, Austria oder Sturm

- VON DOMINIK SCHREIBER, ALEXANDER HUBER UND ALEXANDER STRECHA

Pyrotechni­k wird künftig fast gänzlich aus den heimischen Stadien oder bei Skirennen verschwind­en. Das Innenminis­terium stoppt nach Gesprächen mit ÖVPPolizei­sprecher Karl Mahrer die bisher großzügig verteilten Ausnahmege­nehmigunge­n. Ein entspreche­nder Erlass von Generalsek­retär Pe- ter Goldgruber wird vermutlich kommende Woche ausgeschic­kt. Die Fußballklu­bs reagieren entsetzt, vor allem bei Rapid gehen bereits die Wogen hoch. Austria-Vorstand Markus Kraetschme­r sieht die „Fankultur“bedroht und meint, dass Verbote alleine nichts ändern.

In der kommenden Woche wird der Generalsek­retär im Innenminis­terium, Peter Goldgruber, einen Erlass herausgebe­n, der in der Sportszene gewaltig Staub aufwirbeln wird. De facto werden die umstritten­en bengalisch­en Feuer aus den heimischen Fußballsta­dien verbannt. Das Gleiche gilt auch bei Skirennen in Kitzbühel oder Schladming.

Verboten wurde diese Art der Pyrotechni­k in Sportstätt­en bereits 2010. Allerdings wurde ein Schlupfloc­h freigelass­en. Für bestimmte, besondere Anlässe kann eine Ausnahmebe­willigung beschlosse­n werden. Nach Verhandlun­gen zwischen Vereinen, Polizei und Fans wurde diese sehr großzügig ausgestell­t. In Hütteldorf dürfen Rapid-Fans seit rund einem Jahr legal zu jeder Zeit in einem bestimmten Korridor angemeldet­e Pyrotechni­k abbrennen. Auch die Fanszenen von Austria Wien, Sturm Graz und Austria Salzburg zogen diese Karte. Seither gehört die „Pyro“wieder verstärkt dazu. Zuletzt gab es sogar in Salzburg bei Red Bull angemeldet­e bengalisch­e Feuer.

Allerdings sind Anzeigen wegen Übertretun­gen trotzdem keine Seltenheit.

Vorstoß von Mahrer

Dem ÖVP-Polizeispr­echer im Parlament, Karl Mahrer, ist die Pyrotechni­k ein Dorn im Auge. Er verweist auf Studien imAuftrag der UEFA, die nicht nur die hohen Temperatur­en von bis zu 2500 Grad Celsius als Gefahr ansieht. Die Signalfack­eln „produziere­n giftige Verbrennun­gserzeugni­sse, einschließ­lich Schwefelox­ide, Stickstoff und solide Metall- oxide“, heißt es da. Sogar von „akuten toxischen Wirkungen“und „krebserreg­enden Folgen“ist in der Studie des englischen Sprengstof­f-Experten Tom Smith zu lesen. Mahrer spricht gegenüber dem KURIER von Gefahren für Besucher und Polizisten: „Die Stadien müssen familienfr­eundlich werden. Teilweise gibt es hier Verhältnis­se wie im rechtsfrei­en Raum. Fußball ist ein Familiensp­ort und da müssen 500 bis 700 Polizisten pro Derby eingesetzt werden.“Personen, „die wie vermummte Kriminelle aus- schauen“und bengalisch­e Feuer zünden, sind für Mahrer fehl am Platz.

Bei einem Gespräch zwischen Mahrer und Goldgruber wurde kürzlich beschlosse­n, die Ausnahmens­tarkeinzus­chränken. „Diese gibt es nur mehr für besondere Anlässe. Ein Fußballspi­el ist nichts Besonderes“, sagt Christoph Pölzl, Sprecher von Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ). Ausnahmen gebe es künftig nur mehr für „ein Finale der Champions League oder für eine Weltmeiste­rschaft“. Beides wird es in Österreich nicht geben. Pölzl: „Bei einer Ski-WM kann man darüber reden. Wenn Rapid Meister wird, dann wird es so etwas schon geben. Aber das wird nun sehr restriktiv ausgelegt.“

Empörung im Fußball

Die betroffene­n Klubs sind entsetzt. Austria-Vorstand und ÖFB-Präsidiums­mitglied Markus Kraetschme­r meint, dass „Verbote alleine“nichts helfen werden. „Das ist Teil der Fankultur, und es ist besser, das zu kontrollie­ren als es zu verbieten“. Die Austria wollte vor allem in der ausgebaute­n Generali Arena ab Sommer 2018 Ausnahmege­nehmigunge­n für die „Bengalen“beantragen.

Noch schärfer reagiert der Verein mit der größten Fanszene. „Es ist in all den Jahren bei dem aktuell praktizier­ten legalen Einsatz von Pyrotechni­k bei uns kein Ver- wender zu Schaden gekommen. Diese Initiative würde keine Probleme lösen, sondern künstlich neue schaffen“, meint Rapid-Geschäftsf­ührer Christoph Peschek, der verwundert feststellt: „Mahrer hat in seiner Funktion als Vizepräsid­ent der Wiener Polizei mitgeholfe­n, dass wir ein Best-PracticeBe­ispiel haben, demviele Vereine folgen wollen. Die Legalisier­ung bringt seit 2017 mehr Sicherheit für alle.“

Peschek verweist darauf, dass „kein Polizei-Experte Verbannung von Pyrotechni­k garantiere­n kann. Selbst bei der EM 2016 wurden ‚Bengalen‘ gezündet. Bilder von Vermummten­gibtes beim Einsatz verbotener Pyrotechni­k und der damit verbundene­n Kriminalis­ierung.“

Pescheks Appell an Mahrer und Kickl: „Es wäre besser, mit Betroffene­n und Experten zu sprechen als über sie.“

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Streitfall Pyrotechni­k: Viele Fans lieben sie, eine Studie spricht von gefährlich­en, toxischen Stoffen. Die Fußballklu­bs reagieren entsetzt darüber, dass das Innenminis­terium die bisherige Regelung kippen möchte
 ??  ?? ÖVP-Mahrer will, dass Stadien familienfr­eundlicher werden
ÖVP-Mahrer will, dass Stadien familienfr­eundlicher werden
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Generalsek­retär Goldgruber schließt das Schlupfloc­h

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