Kurier (Samstag)

Salzburg und die deutsche Gründlichk­eit

Ein erfolgsori­entierter Fußball-Meister aus Österreich stürzt Dortmund ins Dilemma

- AUS DORTMUND STEPHAN BLUMENSCHE­IN

„Das Ziel ist, in die nächste Runde zu kommen – und nicht, einmal im Leben in Dortmund zu gewinnen.“In einem Satz gelang es Trainer Marko Rose nach dem 2:1Coup im Hinspiel des EuropaLeag­ue-Achtelfina­les, zusammenzu­fassen, warum seine Salzburger Mannschaft derzeit so erfolgreic­h ist.

Fokussiert, konzentrie­rt, profession­ell, erfolgsori­entiert – es sind wohl deutsche Klischees und nicht gerade typisch österreich­ische Eigenschaf­ten, mit denen Salzburg momentan auftrumpft.

Gut, wird man jetzt sagen, Rose ist ja auch aus Deutschlan­d, aber es spielen noch immer mehr Österreich­er als Spieler aus Roses Heimat in der Salzburger Weltauswah­l. Am Donnerstag stand mit Keeper Walke ein Deutscher in der Startelf. Österreich­er begannen drei: Lainer, Ulmer und Schlager.

18 Spiele in Serie im Europacup nicht verloren, 31 Pflichtspi­ele in Serie ebenso – den Höhenflug dokumentie­rende Bilanzen, die Flügel verleihen müssen. Doch abheben tut in Salzburg niemand. Bodenhaftu­ng ist Konzept und Programm zugleich.

„Es war erst die erste Hälfte“, lautete der allgemeine Tenor nach dem Sieg, der noch dazu historisch war: Erstmals gewann ein österreich­ischer Bundesligi­st bei einem deutschen in der 63-jährigen Europacup-Geschichte.

Rekordquot­e

Die realistisc­he Erfolgscha­nce beim großen Nachbarn aktivierte das Interesse, zum Zuschauerm­agnet wurde das Duell mit der prominente­n, vom Österreich­er Peter Stöger betreuten deutschen Mannschaft. 638.000 ver- folgten Salzburgs Auftritt via Puls 4 – Quotenreko­rd für den Privatsend­er.

Für die Spieler bleibt zum Feiern keine Zeit. „Warum sollten wir jetzt auch durchdrehe­n?“, fragte Rose in der Pressekonf­erenz nach dem Dortmund-Spiel. Sein Fokus war schon Sekunden nach dem Triumph wieder scharf gestellt – zunächst auf die Bundesliga-Partie am Sonntag bei den derzeit so starken Mattersbur­gern, und dann erst auf das EuropacupR­ückspiel gegen den BVB.

Was sein Team erwarten wird, glaubt der Erfolgstra­iner, der noch kein einziges Spiel auf europäisch­er Ebene verloren hat, aber bereits zu wissen: „Ich erwarte einen ganz starken Gegner.“Dass sich seine Mannschaft eine wirklich gute Ausgangspo­sition geschaffen hat, ist natürlich auch dem 41-Jährige bewusst: „Wir fahren mit einem guten Ergebnis nach Hause, das darf uns Selbstvert­rauen geben für das Rückspiel.“

Vorsicht

Aber einige Salzburger wissen selbst am besten, wie schnell es im Fußball gehen kann. André Ramalho und der eingewechs­elte Valon Berisha waren mittendrin statt nur dabei bei in einem Spiel, das Warnung sein sollte. Und das sicher auch ist:

Im Achtelfina­l-Rückspiel gegen den FC Basel vor vier Jahren waren nach einem 0:0 in der Schweiz schon alle Weichen auf Aufstieg gestellt. Der Gegner war früh in Unterzahl geraten, Salzburg hatte kurz danach auf 1:0 gestellt und war dann mehrmals der Entscheidu­ng nahe. Doch Unachtsamk­eiten bei zwei Standardsi­tuationen führten in der zweiten Hälfte innerhalb von zehn Minuten zu zwei Gegentoren. Die Salzburger konnten sich von diesem Schock nicht mehr erholen – und schieden aus.

Aber die aktuelle Mannschaft hat nicht nur personell mit jener von 2014 wenig gemein. Damals war der Kader mit Spielern wie Mané, Kampl, Alan oder Soriano individuel­l zwar besser besetzt, aber die großen Einzelkönn­er neigten hie und da zu kollektive­n Ausfällen. Das ist in dieser Saison noch nicht in dieser Intensität passiert. Bleibt dies weiter so, hat Salzburgs Mannschaft gute Chancen, als erste in der Ära Red Bull ein Europacup-Viertelfin­ale zu erreichen.

 ??  ?? Der Blick geht nach oben: Der zweifache Salzburger Torschütze Valon Berisha (li.) erhält Streichele­inheiten von seinem Offensivko­llegen Munas Dabbur
Der Blick geht nach oben: Der zweifache Salzburger Torschütze Valon Berisha (li.) erhält Streichele­inheiten von seinem Offensivko­llegen Munas Dabbur
 ??  ?? Dirigent eines Erfolgsens­embles: Salzburgs deutscher Trainer Rose
Dirigent eines Erfolgsens­embles: Salzburgs deutscher Trainer Rose
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