Afghane wollte mehrmals freiwillig ausreisen
Messerattacke in Wien: Verdächtiger stellte zwei Anträge und war bereits im Gefängnis
Die Messerattacke auf vier Personen am vergangenen Mittwoch in Wien-Leopoldstadt wirft gleich mehrere Fragen auf. Hätten die Taten verhindert werden können? War der Verdächtige Jafar S. tatsächlich nicht für die Behörden greif bar? Ein chronologischer Abriss seines Lebens in Österreich legt anderes nahe.
Der 23-jährige Afghane soll zuerst in der Praterstraße eine dreiköpfige Familie mit einem Klappmesser attackiert haben, und wenige Stunden später am Praterstern einen Landsmann. Diesen macht der Verdächtige für seine Drogensucht verantwortlich.
Wie berichtet, kam der junge Afghane 2015 – im Alter von 20 Jahren – im Zuge der großen Fluchtbewegung nach Österreich und suchte um Asyl an. Im darauf folgende Jahr gab der Afghane laut KURIER-Recherchen an, in sein Heimatland zurückkehren zu wollen. Er stellte einen Antrag beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) – dieser wurde bewilligt. „Das Geld lag schon bereit“, sagt ein Insider.
Zu einer Abschiebung ist es allerdings nicht gekommen. Das Ausreisezertifikat, das sich Rückkehrer selbst bei ihren Botschaften organisieren müssen, hat er sich nie beschafft. Laut den Behörden soll Jafar S. zu diesem Zeitpunkt „untergetaucht sein“. Das dürfte auch die Zeit gewesen sein, in der der Mann ins Drogenmilieu abrutschte. Bei der Exekutive fiel er da zum ersten Mal auf.
S. fasste Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz und eine Anzeige wegen versuchter Vergewaltigung aus. Diese wurde jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen.
Wegen Suchgifthandels wurde der 23-Jährige vergangenes Jahr dann verurteilt. Von 30. August bis 8. Dezember 2017 saß er in Klagenfurt seine Haftstrafe ab. Und sie dürfte nicht die einzige gewesen sein. Laut KURIER-Information soll S. mindestens zwei Mal in Österreich inhaftiert gewesen sein. Der Verdächtige fiel den Behörden also mehrmals auf – warum sprechen sie also von einem „U-Boot“? Laut Exekutive soll der Beschuldigte keinen aufrechten Wohnsitz in Österreich haben.
Wie der KURIER erfuhr, stellte der 23-Jährige heuer erneut einen Antrag auf freiwillige Ausreise. Und zwar vergangenen Montag, zwei Tage vor der Tat. Bis dato ist sein Asylverfahren nicht abgeschlossen. Spätestens am Wochenende soll die Untersuchungshaft über ihn verhängt werden.
Familie bedankt sich
Drei der vier Opfer sind indes auf dem Weg der Besserung. Am Freitag hatte sich die Familie über ihre Anwältin für die öffentliche Anteilnahme bedankt. Der 67-jährige Familienvater liegt noch im künstlichen Tiefschlaf. Nicht rechtskräftig. Wegen eines aus nichtigem Anlass gesetzten tödlichen Faustschlags muss ein 29-jähriger Wiener für elf Jahre ins Gefängnis. Er war am 15. August 2017 am Wiener Praterstern mit einem 38 Jahre alten Mann in einen Streit geraten, nachdem dieser sich über ihn lustig gemacht hatte.
Der Jüngere hatte sich am Bahnhofsvorplatz mit nacktem Oberkörper präsentiert. Auf eine abfällige Bemerkung des 38-Jährigen hin, sah der siebenfach Vorbestrafte – der den ganzen Abend über Alkohol konsumiert hatte – rot. Er versetzte dem zweifachen Vater einen wuchtigen Faustschlag ins Gesicht. Dieser fiel wie ein Stück Holz um. „Man hat direkt gehört, wie er am Asphalt aufgeklatscht ist“, berichtete ein Zeuge beim Prozess. Zwei Polizisten verständigten die Rettung und nahmen den Täter fest.
Der lebensgefährlich Verletzte kam mit einem Schädelbasisbruch, Hirnquetschungen und einem Schädel-Hirn-Trauma ins Spital. Er wurde wochenlang auf der Intensivstation behandelt und starb am 4. Oktober an einem Hirninfarkt.
Die vom Angeklagten behauptete Notwehrsituation – er verantwortete sich damit, der 38-Jährige wäre mit einer erhobenen Glasflasche auf ihn losgegangen – wertete das Gericht als Schutzbehauptung. Der Mann wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge schuldig erkannt, er meldete Berufung an.
Folgen tragen
Bei einer Strafdrohung von einem bis zu 15 Jahren brauche es aus generalpräventiven Gründen eine empfindliche Freiheitsstrafe, betonte Richter Stefan Renner: „Ich glaube Ihnen schon, dass Sie nicht damit gerechnet haben, dass er stirbt. Aber Sie müssen die Folgen tragen, auch wenn der Tod nicht vorsätzlich war. Es muss der Öffentlichkeit gezeigt werden, dass Gewaltdelikte nicht toleriert werden.“