Michael Turinsky: Tanzen gegen die Ausgrenzung
Kritik. Mit seinem flammenden Plädoyer gegen jede Form der Ausgrenzung und Diskriminierung hat Choreograf Michael Turinsky bei der letztjährigen Nestroy-Gala das Publikum zu spontanen Standing Ovations animiert. Und auch in seiner Arbeit setzt sich der im Rollstuhl sitzende Choreograf und Nestroy-Preisträger (gemeinsam mit Doris Uhlich) gegen Abschottung und Unterdrückung ein. Ein Thema, das auch in seiner neuen einstündigen Arbeit „Reverberations“im Tanzquartier Wien (noch heute, Samstag) präsent ist.
„Reverberations“heißt auf Deutsch „Nachhalle“– und nachhallen soll auch Turinskys Anliegen. In völliger Stille liegen drei Perfomer (Andreas Guth, Mzamo Nondlwana und Elizabeth Ward) im spacigen Outfit auf dem Boden; in kleinsten Zuckungen bewegen sich anfangs ihre Beine. Das Knie wird langsam angewinkelt, dann wieder gestreckt. Man tastet sich (fast in Zeitlupe) vor in Richtung Bewegung. Dann setzen Beats (stark: Dubster, Hyko Dubz) ein; das Trio steht auf, beginnt sich den (hier auch Resonanz-)Raum zu erobern.
Im Gleichklang mutieren die einstigen Zuckungen zu immer ekstatischer werdenden Tänzen. Je heftiger die Beats, desto ausgelassener agieren die Performer. Dann gibt es die Momente der Rührung, der Berührung, des Sich-In-EinanderVerklammerns, des kollektiven Haltens. Halten als Ausdruck der Solidarität, in die auch das Publikum miteinbezogen wird.
Zumindest jene Besucher, die rund um die Spielfläche (Bühne mit Lautsprechern und Neonröhren: Jenny Schleif und Ines Kirchengast) sitzen. Sie werden umtanzt, körperlich umhüllt in diesem toll choreografierten Bolero der Lebensfreude. Zuletzt verschwinden die Performer im Nichts. Ihre Präsenz aber hallt wirklich nach.