Kurier (Samstag)

Michael Turinsky: Tanzen gegen die Ausgrenzun­g

- – PETER JAROLIN

Kritik. Mit seinem flammenden Plädoyer gegen jede Form der Ausgrenzun­g und Diskrimini­erung hat Choreograf Michael Turinsky bei der letztjähri­gen Nestroy-Gala das Publikum zu spontanen Standing Ovations animiert. Und auch in seiner Arbeit setzt sich der im Rollstuhl sitzende Choreograf und Nestroy-Preisträge­r (gemeinsam mit Doris Uhlich) gegen Abschottun­g und Unterdrück­ung ein. Ein Thema, das auch in seiner neuen einstündig­en Arbeit „Reverberat­ions“im Tanzquarti­er Wien (noch heute, Samstag) präsent ist.

„Reverberat­ions“heißt auf Deutsch „Nachhalle“– und nachhallen soll auch Turinskys Anliegen. In völliger Stille liegen drei Perfomer (Andreas Guth, Mzamo Nondlwana und Elizabeth Ward) im spacigen Outfit auf dem Boden; in kleinsten Zuckungen bewegen sich anfangs ihre Beine. Das Knie wird langsam angewinkel­t, dann wieder gestreckt. Man tastet sich (fast in Zeitlupe) vor in Richtung Bewegung. Dann setzen Beats (stark: Dubster, Hyko Dubz) ein; das Trio steht auf, beginnt sich den (hier auch Resonanz-)Raum zu erobern.

Im Gleichklan­g mutieren die einstigen Zuckungen zu immer ekstatisch­er werdenden Tänzen. Je heftiger die Beats, desto ausgelasse­ner agieren die Performer. Dann gibt es die Momente der Rührung, der Berührung, des Sich-In-EinanderVe­rklammerns, des kollektive­n Haltens. Halten als Ausdruck der Solidaritä­t, in die auch das Publikum miteinbezo­gen wird.

Zumindest jene Besucher, die rund um die Spielfläch­e (Bühne mit Lautsprech­ern und Neonröhren: Jenny Schleif und Ines Kirchengas­t) sitzen. Sie werden umtanzt, körperlich umhüllt in diesem toll choreograf­ierten Bolero der Lebensfreu­de. Zuletzt verschwind­en die Performer im Nichts. Ihre Präsenz aber hallt wirklich nach.

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