Kim und Trump planen Gipfel
Staatschefs Kim Jong-un und Trump wollen Kriegsbeil begraben, doch viele zweifeln am Gelingen
Der US-Präsident nahm überraschend ein Angebot des „Raketenmannes“an.
Das vorläufige Ende der Kriegsrhetorik im Nordkorea-Konflikt ließ das TrumpLager jubeln und sich auf die Schultern klopfen: Die von südkoreanischen Emissären überbrachte Einladung des „Raketenmanns“Kim Jongun, wie US-Präsident Donald Trump einst den Potentaten in Pjöngjang nannte, sei eindeutige das Resultat von Wirtschaftssanktionen und der Androhung maximaler Gewalt („totale Auslöschung“). „Die Strategie der Isolierung wirkt“, so VizePräsident Mike Pence.
Kritiker des US-Staatschefs meinen hingegen, dass sich der in der internationalen Diplomatie unerfahrene Ex-Immobilien-Tycoon von dem 34 Jahre jungen Diktator, der den Chef im Weißen Haus im Vorjahr einen „geisteskranken Greis“hieß, instrumentalisieren lässt. „Mit seiner Einladung demonstriert Kim, dass seine Investitionen in Atom-und Raketentechnologie die USA dazu gezwungen haben, mit ihm auf Augenhöhe zu verhandeln,“, sagte ein demokratischer Kongressabgeordneter aus Kalifornien zum KURIER.
Kims Kehrtwende
Selbst republikanische Parlamentarier zeigten sich irritiert darüber, dass Trump offenbar bereit sei, Kims Aussagen „zum Nennwert zu nehmen“. Der nordkoreanische Regierungschef hatte überraschend seine Bereitschaft angekündigt, nicht nur über ein Einfrieren des Atomprogramms sprechen zu wollen. Sondern über die Aufgabe sämtlicher nuklearen Ambitionen. Eine 180-Grad-Kehrtwende, an die in Washington kaum jemand glaubt.
Weil die Erwartungshaltungen der beiden Politiker gegensätzlich und ihre Persönlichkeit von egomanischen Zügen nicht frei sei, könne „ein frühes Entgleisen der Auftaktverhandlungen“, für die bisher weder Zeit noch Ort feststehen, nicht ausgeschlossen werden, befürchten Experten der Georgetown-Universität.
Donald Trump werde gemäß seiner bisherigen Linie auf zügige, vollständige und nicht mehr revidierbare Aufgabe sämtlicher nuklearen Aktivitäten pochen. Kim dagegen strebe etwas völlig Anderes an: Eine deutliche Lockerung der Sanktionen, die Nordkoreas Wirtschaft zuletzt immer stärker stranguliert haben, die Legitimierung seines Atomprogramms, eine Beendigung der US-Feindseligkeiten und langfristig den Abzug der USTruppen aus Südkorea.
Tiefe Skepsis
„Mitnichten“, sagt der AsienKenner Robert Einhorn, „hat er (Kim) die Absicht, seine Atomwaffen aufzugeben“. Der unter US-Präsident Bill Clinton an Nordkorea-Verhandlungen beteiligte ExDiplomat gehört zu einer Reihe von Experten in Washingtoner Denkfabriken, die mit Verweis auf die Geschichte Zweifel an der Lauterkeit der Erklärungen aus Pjöngjang hegen und von einem überhasteten Gipfeltreffen abraten.
1994 wollte Nordkorea sein Plutonium-Waffen-Pro- gramm einfrieren, wurde aber später bei der Anreicherung von Uran erwischt. 2005 bekannte sich Pjöngjang zur Denuklearisierung, nur um ein Jahr danach die erste Atomwaffe zu testen. Dass der außenpolitisch nach Erfolgen suchende Trump Kim Jong-un durch die bisher bedingungslose Einwilligung zu einem Treffen einen Vertrauensvorschuss gibt, sei „bedenklich“, sagt Evan Medeiros, AsienBerater von Ex-Präsident Ba- rack Obama. „Wir kriegen nichts dafür.“
Zumal die Zeit zur Vorbereitung bis Mai viel zu knapp sei und weder im Weißen Haus noch im personell ausgedünnten Außenministerium erfahrene Beamte zur Verfügung stünden. Amerika hat keinen Botschafter in Südkorea. Der dafür vorgesehene Experte Victor Cha zog sich aus Protest gegen Gedankenspiele zurück, die einen militärischen Erstschlag der USA gegen Nordkorea vorsahen. Der bisherige Sondergesandte Joseph Yun, einer der klügsten Nordkorea-Experten in den USA, ist vor kurzem in den Ruhestand getreten. „Es fehlen schlichtweg die Leute, die das Kleingedruckte ausverhandeln, auf das es bei einem Abrüstungsvertrag ankommt“, hieß es im US-Fernsehen. Dort wurden auch Zweifel laut, ob Trump die nötige Ausdauer und Nervenstärke mitbringe, um das Ziel zu erreichen.
Noch vor einem halben Jahr hatte Trump gesagt, dass Amerika seit 25 Jahren mit Nordkorea ergebnislos in Gesprächen stecke. „Reden ist nicht die Lösung“, konstatierte er damals. Später wurde er konkreter und nannte diplomatische Bemühungen „reine Zeitverschwendung.“