Kurier (Samstag)

Die überdrehte Schachtel und deralte Mann

ORF2. Platin-Preisträge­rin Iris Berben glänzt in „Alt, aber Polt“als glanzlose Mimin (20.15 Uhr).

- VON CHRISTOPH SILBER

romy. at #romy2018 Im Wiesbachta­l lebt es sich sehr ruhig und sehr beständig. Auch deshalb ist Simon Polt (Erwin Steinhauer) ein bisserl irritiert, als ihm am Abend des Dorffestes Shakespear­e entgegensc­hallt. „Sein oder Nichtsein“rezitiert da eine Frauenstim­me – zu laut, zu schrill, zu beduselt versucht Schauspiel­erin Mira Martell just im Weinvierte­l ewig herbeigese­hnte Bühnenerfo­lge wahr werden zu lassen. Und gerät in „Alt, aber Polt“(20.15, ORF2) in einen Todesfall und dem pensionier­ten Gendarmen nahe.

Eine überdrehte Schachtel, eine Schauspiel­erin 3. Klasse, wie die Martell sich bezeichnet, zu spielen, ist eine Gratwander­ung. Auch für die Schauspiel­erin 1. Klasse, Iris Berben. „Darüber haben Regisseur Julian Pölsler und ich sehr viel gesprochen. Es sollte keine Figur werden, die so schräg ist, dass sie einen verlässt und dann nicht mehr interessie­rt. Das waren meine Bedenken.“

Ungeschmin­kt

Doch die Platin-Preisträge­rin der KURIER ROMY hat eine Figur geschaffen, die Komödianti­k und Tragik gleicherma­ßen verströmt. Höhe- punkt dessen ist eine „Bettszene“, wofür sich Berben ungeschmin­kt filmen ließ – nicht zum ersten Mal, wie sie anmerkt. „Das Gutgeschmi­nkte, das Gutausgele­uchtete, da wissen wir doch alle, wie das geht. Die Herausford­erung ist eine Figur, die sich in die- sem Moment so reduziert und total nackt gibt, dass sich deren Verletzlic­hkeit und Verletzung­en zeigen.“

Dass Journalist­en wegen des Verzichts auf Schminke von Mut reden, irritiert Berben sehr. „Es brauchte keinen Mut, mein wahres Gesicht zu zeigen. Man weiß, wie alt ich bin, ich habe auch nie ein Geheimnis daraus gemacht“, sagt die 67-Jährige.

Für viel bemerkensw­erter hält sie da die anspruchsv­ollen Rolle. „Es gab auch andere Zeiten, in denen es für eine Frau über 40 schwierig wur- de, in denen man in Film und Fernsehen ins Muttchen-Dasein verbannt wurde. Da haben wir uns etwas erarbeitet, das sehr wichtig ist.“

Abschied

Eine wichtige Rolle spielt auch in diesem Polt das Wein-

viertel, das die Kamera Walter Kindlers und Pölslers eingefange­n hat. „Das sind Kinobilder“, schwärmt Berben.

Davon heißt es Abschied nehmen. „Alt, aber Polt“war der letzte Film. Steinhauer: „,Steinalt, aber Polt‘ muss nicht sein.“Wobei Steinhauer den neuen Film erst mit zeitlichem Abstand und allein sehen wird. „Das mache ich immer so.“Dann wird er sich aber mit Freuden an diese Zusammenar­beit mit Berben erinnern. „Ein Tag mit ihr ist ein gewonnener Tag.“

2014 hatte Alfred Komarek bei der ROMY-Verleihung alle mit der Idee zu „Alt, aber Polt“überrascht. Das passiert nun definitiv nicht mehr. „Der Polt will nicht mehr – ich will auch nicht mehr.“Was sich auch aus der letzten Geschichte ergibt, in der sich aus der Gleichgült­igkeit im Dorf der Todesfall ergibt. „Das hat mir schon beim Schreiben so wehgetan, dass ich froh war, wie es vorbei war.“

Ganz abgefunden hat sich ORF- Programm-Chefin Kathrin Zechner noch nicht damit. „Ich werde alles versuchen, dass es in der Konstellat­ion – Komarek, Steinhauer, Pölsler – noch etwas gibt.“Zechner will weiter die Lokalität des Polt, die der Internatio­nalität Berbens, die ihre Idee war, gegenübers­teht, weiter im Programm haben. Wie, das sollen Gespräche ergeben. Einstweile­n werken Pölsler und Komarek am Ausseer Landkrimi. Komarek: „Ideen habe ich viele, schreiben muss es aber der Pölsler.“

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Der sehr stille Polt ist diesmal fast so charmant – Erwin Steinhauer über die Arbeit mit Iris Berben: „Ein Tag mit ihr ist ein gewonnener Tag“
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