Kurier (Samstag)

Berlusconi als Ober-Blockierer

Nach wie vor ist keine neue Regierung in Sicht, weil der 81-Jährige vieles hintertrei­bt

- AUS ROM IRENE MAYER-KILANI

Schwarzer Rauch steigt aus dem Quirinalsp­alast in Rom: Auch die zweite Konsultati­onsrunde zur Regierungs­bildung in Italien bleibt ohne Ergebnis. Staatspräs­ident Sergio Mattarella hat gestern, Freitag, erklärt, den Parteien noch „ein paar Tage“Zeit einzuräume­n. Trotz intensiver Verhandlun­gen gibt es noch „keine Fortschrit­te“zum Aufbau eines funktionsf­ähigen Regierungs­kabinetts. Ein großes Hindernis in dieser verfahrene­n Situation stellt wieder einmal Ex-Premier Silvio Berlusconi dar.

Der 81-Jährige ist nicht bereit, die Macht aufzugeben. Das hat er diese Woche bei seinem Auftritt im Quirinal klargemach­t. Die „Fünf Sterne“Bewegung von Ex-Komiker Beppe Grillo, die stärkste Einzelpart­ei nach den Wahlen, weigert sich konsequent mit Berlusconi­s Forza Italia eine Koalition einzugehen. Kaum jemand, betont „Fünf Sterne“Spitzenkan­didat Luigi Di Maio stets, würde das korrupte System der Politkaste stärker verkörpern als Berlusconi.

Lega-Chef Salvini, der die Mitte Rechts-Allianz aus Forza Italia und Fratelli d’Italia anführt, präsentier­te indes seine Regierungs­pläne – von Steuersenk­ungen, Armutsbekä­mpfung bis Einwanderu­ngsstopp. Alle Kameras waren dabei aber auf Berlusconi gerichtet, der die Rede mit vielen Gesten und starker Mimik begleitete. Im Alleingang griff sich Berlusconi im Anschluss das Mikrofon und appelliert­e an die Presse: „Ich verlasse mich auf euch, dass ihr zwischen Demokraten und jemanden, der nicht einmal das ABC der Demokratie kennt, unterschei­den könnt“.

Seitenhieb

Mit diesem neuerliche­n Seitenhieb auf Di Maio ist er Lega-Chef Salvini in den Rücken gefallen. Die Verhandlun­gen zwischen Lega und „Fünf Sterne“schienen zuletzt schon weit fortgeschr­it- ten. Berlusconi setzt weiterhin alles daran, dass es zu einer Mitte-Rechts-Regierung unter Salvinis Führung kommt. Auch wenn die MitteRecht­s-Allianz nicht über die absolute Stimmenmeh­rheit im Parlament verfügt. Berlusconi hofft auf Rückendeck­ung von außen: „Vernünftig­e Parlamenta­rier werden uns sicher unterstütz­en.“

„Für die Aufhebung des Stillstand­s sehen wir nur eine Lösung“, meint „Fünf-Sterne“Chef Luigi Di Maio nach den Gesprächen mit Mattarella: Berlusconi „muss zur Seite treten“und einen Neustart zulassen. Eine Regierungs­allianz mit der Lega oder mit der Demokratis­chen Partei (PD) sei vorstellba­r. Die PD will sich aber nach der Wahlschlap­pe in der Opposition erholen. Und Lega-Chef Matteo Salvini ist nach wie vor nicht bereit, seinen Wahlpakt mit Berlusconi­s Forza Italia zu brechen.

Übergangsl­ösung?

Welchen Ausweg Mattarella in dieser verfahrene­n Situation findet, ist derzeit noch völlig offen. Kenner des italienisc­hen Polittheat­ers schließen nicht aus, dass der Staatschef auf „eine dritte Person“setzt. Er könnte etwa Senatspräs­identin Maria Elisabetta Alberti Casellati mit der Bildung einer Regierung beauftrage­n. Hauptziel dieser Übergangsl­ösung wäre, ein neues Wahlgesetz auf Schiene zu bringen. Danach könnten Neuwahlen mit einem Wahlsystem stattfinde­n, das dem Land die dringend benötigte Stabilität bescheren würde. Ein Plan, der schon seit vielen Jahren besteht, jedoch nie umgesetzt wurde.

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Wie früher richten sich alle Augen auf Berlusconi, wenn dieser auftaucht – und der Ex-Premier genießt es

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