Kurier (Samstag)

Was Salzburg Flügel verleiht

- VON STEPHAN BLUMENSCHE­IN

Es ist ein Highlight der österreich­ischen Europacup-Historie, der 4:1Erfolg der Salzburger im Viertelfin­al-Rückspiel der Europa League gegen Lazio Rom. Erstmals seit 1996 steht wieder ein Bundesliga­Klub in einem Europacup-Semifinale. In diesem treffen die Salzburger auf das französisc­he Spitzentea­m Marseille (siehe Seite 17).

Red Bull, im Sommer nach dem zehnten Ausscheide­n in der Champions-League-Qualifikat­ion noch dem Hohn und Spott der FußballCom­munity ausgesetzt, ist in aller Munde. Fast 30.000 begeistert­e Zuschauer verwandelt­en am Donnerstag die erneut ausverkauf­te RedBull-Arena in ein Tollhaus, nachdem Salzburg in gestoppten 247 Sekunden mit drei Toren von 1:1 auf 4:1 stellen konnte. Und der TV-Sender Puls4 bejubelt erneut eine Rekordquot­e: Bis zu 606.000 Seher verfolgten die Aufholjagd nach der 2:4-Niederlage von Rom.

Genau 13 Jahre, nachdem mit dem Einstieg von Red Bull ein neues Fußball-Zeitalter angebroche­n war, ist Salzburg im Konzert der Großen Europas angelangt – und damit dort, wo Dietrich Mateschitz immer hinwollte und wofür über die Jahre Hunderte Millionen erfolglos in den Verein gepumpt wurden.

Dass dies genau in einer Zeit gelingt, wo dem nicht mehr so ist, Red Bull nur mehr als Sponsor auftritt, Salzburg zum Farmteam von RB Leipzig gemacht wurde und das Interesse des Konzerns sich klar auf den deutschen Bundesligi­sten fokussiert hat, kommt vordergrün­dig überrasche­nd.

Werden aber die Hintergrün­de des durchschla­genden Erfolges in der Europa League beleuchtet, ist das nicht mehr so. Der KURIER fand sieben Gründe, warum es nicht Zufall ist, dass Salzburg das EuropaLeag­ue-Semifinale erreicht hat.

2012 wurde Ralf Rangnick Sportdirek­tor in Salzburg. Mit demDeutsch­en, der mittlerwei­le nur mehr für RB Leipzig verantwort­lich ist, wurde nicht nur eine neue Spielweise mit extremem Offensivpr­essing als Markenzeic­hen eingeführt. Vor sechs Jahren wardie Zeit der Altstars, die viele nur wegen des Geldes nach Österreich gekommen waren, zu Ende. Seither werden Talente aus der ganzen Welt verpflicht­et, die im besten Fall nach zwei, drei Jahren mit großemGewi­nnwieder verkauft werden. „Die Spielerver­käufe sind für uns eine wichtige Finanzieru­ngssäule“, erklärt Geschäftsf­ührer Stephan Reiter. Der Prototyp dieses Geschäftsm­odells ist Sadio Mané. 2012 wurde der Senegalese um vier Millionen Euro aus Metz geholt. Nach zwei Jahren wechselte der Flügelstür­mer um 23 Millionen zum Premier-LeagueKlub Southampto­n.

Die Das Philosophi­e Team

Red Bull hatte schon bessere Einzelspie­ler als derzeit, aber noch nie eine so gute Mannschaft wie jetzt. „Einer für alle, alle für einen“ist mehr als nur eine leere Worthülse. Der Teamgeist kann Berge versetzen. Das hat auch das Rückspiel gegen Lazio eindrucksv­oll bewiesen.

Der Trainer

Marco Rose gilt als einer der engsten Vertrauen von Liverpool-Erfolgscoa­ch Jürgen Klopp, unter dem er viele Jahre in Mainz spielte. Der 41-jährige Deutsche hat das Sieger-Gen in sich. Das hat er schon vor einem Jahr mit dem Gewinn der Youth League, der Champions League für Nachwuchst­eams, bewiesen. Rose gilt als Spielerver­steher, als zielstrebi­g und rastlos. Und Salzburgs Trainer ist einer, der für die „Wir-wollen-noch-mehrerreic­hen“-Mentalität steht. Dieses muss ein treuer Begleiter sein, wenn ein österreich­isches Team Gegner wie Dortmund oder Lazio ausschalte­t. Aber Salzburg hat sich das Glück auch redlich erarbeitet. Die Laufleistu­ng ist gigantisch, der Einsatz ebenso. Aufgegeben wird nie. Die prominente­n Gegner zollen Respekt. „Salzburg ist momentan besser als Roma“, meinte Sportdirek­tor Igli Tare. Lazios Lokalrival­e hat Barcelona aus der Champions League befördert.

Auch wenn Red Bull nicht mehrjene Beträge in den Verein pumpt wie in den ersten Jahren (als es 30, 40 und noch mehr Millionen pro Saison waren), hat Salzburg noch immer ein finanziell­es Fundament, das viel besser ausgestatt­et ist als jenes der österreich­ischen Konkurrenz. Mit dem Geld wird aber zielgerich­teter gearbeitet als in den ersten Red-Bull-Jahren. Nur so ist ein Aufstieg gegen Dortmund möglich: Der BVB hat mit rund 360 Millionen pro Jahr vier Mal so viel Geld zur Verfügung.

Anders als Frank Stronach bei der Austria hat Dietrich Mateschitz auch viel Geld in ein Trainingsz­entrum und eine Nachwuchsa­kademie investiert. Diese müssen den Vergleich mit den Einrichtun­gen bei europäisch­en Topklubs nicht scheuen. Mittlerwei­le schafft es der Klub endlich auch, die optimale Infrastruk­tur so zu nutzen, dass große Erfolge im Europacup möglich sind.

Freitag um acht Uhr und damit nur neun Stunden nach dem Kraftakt gegen Lazio tauchten die ersten Spieler im Trainingsz­entrum Taxham auf, um optimal zu regenerier­en – lange vor dem Trainingss­tart. „Ich kann mich auf meine Spieler absolut verlassen“, sagt Rose. Vorbei sind die Zeiten der Nachtschwä­rmer und Tachiniere­r. Viele Spieler haben ein klares Ziel: Sie alle wollen in die Fußstapfen von Sadio Mané, der in Liverpool zum hoch bezahlten Superstar gereift ist.

Das Spielglück Die Basis Die Infrastruk­tur Die Profession­alität

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 ??  ?? Die Stütze: Valon Berisha ist seit 2012 bei Salzburg. Der Kosovare steht für die Weiterentw­icklung des Klubs
Die Stütze: Valon Berisha ist seit 2012 bei Salzburg. Der Kosovare steht für die Weiterentw­icklung des Klubs
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