Reue kam zu spät: Neun Jahre Haft
19-jähriger Lorenz K. wurde nicht rechtskräftig als Mord-Anstifter verurteilt und reagierte heftig
Vor der Urteilsverkündung im Wiener Terrorprozess zeigte sich der 19-jährige Lorenz K. einsichtig: „Ich habe einen Riesenmist gebaut. Dafür gibt es keine Entschuldigung.“Er sei zwar „nicht komplett geheilt“, aber „von dieser Ideologie distanziere ich mich.“Kann man ihm das glauben?
„Die Ideologie ist noch in ihm drinnen. Er ist auf den ersten Kilometern. Das wird ein langer, steiniger Prozess“, hegte der Staats-
„Helfen Sie mit Ihrem Urteil, den verirrten Sohn wieder an die Gesellschaft heranzuführen.“
Wolfgang Blaschitz
Verteidiger anwalt in seinem Schlussplädoyer Zweifel.
Auch bei den Geschworenen zog die späte Reue nicht. Sie sprachen Lorenz K. am Freitagabend nach stundenlanger Beratung wegen versuchter Anstiftung zum terroristisch motivierten Mord schuldig, die Strafe wurde (bei einem Rahmen von bis zu 15 Jahren) wegen des „besonders verwerflichen Motivs“mit neun Jahren Haft ausgemessen. Über Antrag der Staatsanwaltschaft wurde Lorenz K. vom Wahlrecht ausgeschlossen. Verteidiger Wolfgang Blaschitz erbat Bedenkzeit.
Nach dem Urteilsspruch war Lorenz K. offenbar wie- der ganz der alte: „Ist mir doch scheißegal“, kommentierte er den Umstand, dass eine alte bedingte Strafe nicht dazu gerechnet wurde. Und zu den Richtern sagte er: „Keine Ahnung, wie Sie erwarten, dass sich da Leute ändern. Da wundern Sie sich, dass solche Sachen passieren.“
Zeichnungen
Ein Zellengenosse des 19-jährigen Wieners mit albanischen Wurzeln hatte zu Protokoll gegeben, dass Lorenz K. Mithäftlinge manipuliere. In der Zelle des Angeklagten Der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung wurden Zeichnungen gefunden, auf denen ein angedeuteter Kopfschuss, eine USFlagge mit dem Teufel sowie eine Moschee, hinter der gerade eine Bombe hochgeht, dargestellt sind.
Ob die lange Haftstrafe also dazu angetan ist, den (einst?) glühenden IS-Anhänger, der seine Radikalität nur schwer in Zaum halten konnte, zu „bessern“, erscheint fraglich. Der von seinen Eltern als „fröhliches Kind, beinahe ein Kasperl“Beschriebene wurde „als Störfaktor“von der Schule suspendiert und in eine Schule für geistig schwerbehinderte Kinder gesteckt. Mit 15 sperrte ihn – nach eigenen Angaben – die Justiz wegen eines Raubüberfalls mit Erwachsenen in eine Zelle. In der Jugendstrafanstalt kam er mit Sympathisanten der Terrormiliz in Kontakt und wandte sich später dem IS („Islamischer Staat“) zu.
Er stiftete einen zwölfjährigen Deutschen zu einem Selbstmordanschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen an, der nur „wegen der Unfähigkeit des Zwölfjährigen“fehlschlug, wie der Ankläger ausführte. Der Strafunmündige sei zwar „kein Chorknabe“, der Angeklagte habe ihn aber motiviert. Außerdem plante Lorenz K., gemeinsam mit seiner nach islamischen Recht angetrauten Frau – einem 16jährigen deutschen Mädchen – einen Selbstmordanschlag mit einer Bombe.
Verteidiger Blaschitz erklärte in seinem Plädoyer, Lorenz K. habe einen „geordneten Rückzug“angetreten. Er sei ein „verirrter Jugendlicher, der wieder in die Gesellschaft resozialisiert werden“müsse, aber „kein verlorener Sohn.“
„Radikalislamistische Beweggründe sind als besonders verwerfliches Motiv zu werten“
Ein Schock
Die Eltern des Angeklagten, sie arbeiten in Pflegeberufen, verfolgten den gesamten Prozess. „Es ist für uns traurig gewesen, zu sehen, wie er sich verändert hat“, sagte der Vater im Zeugenstand. Als ihr Sohn unter Terrorverdacht festgenommen wurde, sei das „ein Schock für uns gewesen. Wenn Sie von der Polizei von der Arbeit abgeholt werden und zu Hause sind Spürhunde – ich dachte, das kann nur eine Show sein.“