Wiener Unterwelt mit Kamel, Viper und Riesenhirschkäfer
Im Verborgenen. Auf Ljuba Arnautovic – geboren in der Sowjetunion, zur Ruhe gekommen während der 1980er-Jahre in Ottakring – trifft der Titel ja auch zu: Geschrieben hat sie zwar immer (etwa für Radio Ö 1). Aber es blieb verborgen, wohl auch ihr, dass sie die Form des Romans so gut beherrscht. Gut gebaut und so ruhig fließend zwischen den Toten.
Tapetentür
„Im Verborgenen“meint aber ihre Wiener Großmutter Eva und die Juden, die sie vor den Nazis versteckte. Eva war Sekretärin der Evangelischen Kirche und handelte. Es blieb keine Zeit zum Nachdenken über Mut und Feigheit.
Es blieb keine Zeit, um an ihren toten Sohn in Russland zu denken. Widerstandskämpfer stellten in ihrer Wohnung in der Schellinggasse eine Zwischenwand auf, die Tapetentür hatte ein fast unsichtbares Loch, in das man die Klinke immer erst stecken musste. Wie klug sie in Bedrängnis bei der Gestapo agierte! Für Fremde riskierte sie ihr Leben.
Sage jetzt niemand, er hätte auch so gehandelt .– 64. Die Verbeugung muss tief aus der Hüfte kommen. So idiotisch kann die Bürokratie gar nicht sein – man buckelt … Es dürfte gefallen haben, dass falsche Höflichkeiten und falsche Pflichterfüllung einen Roman bestimmen – noch dazu einen moralischen Thriller, einen sehr langsamen, sehr dicken. Jedenfalls wurde in Japan binnen weniger Tage 900.000 Mal verkauft. Das schaffte nur Harry Potter.
Freche Presse
Mit „ 64“ist das Aktenzeichen eines 14 Jahre zurückliegenden ungeklärten Falles gemeint. Ein Mädchen war entführt und ermordet worden. Der Pressesprecher eines Provinz-Polizeireviers, dessen Tochter kürzlich ebenfalls verschwunden ist, interessiert sich für den Fall.
Das ist „oben“nicht erwünscht. Erwünscht ist, dass er sich’s mit der Presse gut steht. Japans Journalisten sind offensichtlich fordernder, frech geradezu, da können sie sich nachher noch so oft verbeugen. Man hat Zeit, sich beim Lesen ihren Umgang mit österreichischen Politikern vorzustellen.