Dachau prägte sein Künstlerleben
Eine Entdeckung – „Zoran Mušič. Poesie der Stille“(bis 6. August) im Leopold Museum
Erschütternd sind seine Zeichnungen fragiler, ausgemergelter Menschenkörper und übereinander gestapelter Leichen , entstanden Ende des Zweiten Weltkrieges in Dachau. Ebenso berührend seine berühmte – aus der Erinnerung gemalte – Serie „Wir sind nicht die Letzten“, ein universelles Zeugnis menschlicher Tragik, als Zoran Mušič (1909–2005) in den 1970er-Jahren als Reaktion auf den Vietnam-Krieg noch einmal seine traumatischen Eindrücke im Konzentrationslager verarbeitete.
Der in Görz, damals österreichisch-ungarische Monarchie, heute Slowenien, gebürtige Maler wollte sie nicht als Dokumentation oder Illustration des Grauens verstanden wissen, sondern war bemüht, die zarten Leiber toter, gemarterter Menschen würdevoll darzustellen, sagt Hans Peter Wipplinger, Direktor im Leopold Museum.
„Das Visualisieren, das Zeichnen des Horrors und des Unbegreiflichen war ihm Überlebensnotwendigkeit.“
Eigenartige Schönheit
Um das Unvorstellbare darstellen zu können, musste Mušič das Konkrete der Realität, das er in seiner Furchtbarkeit nur noch als „ein Spiel der Fiktion“begreifen konnte, überblenden mit der Erinnerung an den vertrauten, wenn auch fernen und kargen Lebensraum seiner Kindheit:
„All dies war so irreal und schien doch gleichzeitig so normal zu sein. Eher denkt man an ein inneres Malen als an die Außenansicht. Man trägt das in sich, in seinem Innern, für immer, dieses Elend, das man gesehen hat.“
Die Bilderserie unter dem Titel „Wir sind nicht die Letzten“sollte im Zuge neuer menschenverachtender Gräuel etwa in Kambodscha, Biafra, Korea und Algerien, ein weiteres Mal deutlich ma- chen, dass die Opfer des nationalsozialistischen Terrors keineswegs die letzten Menschen waren, die massenhaft in die tiefste Erniedrigung und schließlich in einen gewaltsamen Tod getrieben wurden.
Die Werke sind von eigenartiger Schönheit, zugleich Trost, der aus der Trostlosigkeit der Sujets spricht.
Landschaften
Später, unter anderem in Venedig zu Hause, wo Aquarelle von intensiver Farbigkeit und atmosphärischer Dichte mit Motiven aus der Lagunenstadt entstehen, stellt er fest: „Mein ganzes Leben drehte sich um ein einziges Thema: die wüstenartige Landschaft, die das Leben ist. Ein von der Sonne versengtes und vom Wind gegerbtes Leben.“
Malerei ist für Mušič „der Ausdruck des Inneren. Reden ist schwierig.“Bekannt wird er vor allem durch seine gemalten Pferde in der Landschaft des Karst, in Dalmatien oder den Hügeln der Toskana und Umbriens.
Diese Pferde sind vielleicht mehr als nur ein Zeichen für Ruhelosigkeit. Sie sind auch ein Symbol der Freiheit, Ausdruck der Sehnsucht nach einem verlorenen Morgenland, in das sie unermüdlich zurückkehren ...
Die von Ivan Ristic kuratierte Ausstellung mit rund 165 Exponaten präsentiert